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Zehn Tage langEnergieversorgung Leverkusen sperrt Strom und Gas in Quettinger Haus

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Autos stehen vor einem Haus in Quettingen.

Zehn Tage ohne Strom und Wasser: das Haus in Quettingen

Der Hausverwalter soll dem Energieversorger ihm zustehendes Geld nicht überwiesen haben. Darunter leiden die Anwohner.

Der Familienvater klingt am Telefon einigermaßen verzweifelt. Die EVL habe Wasser und Strom im Haus abgestellt, berichtet der Quettinger dem „Leverkusener Anzeiger“ am Telefon. Er habe zwei kleine Kinder. Er habe seine Nebenkosten immer bezahlt, berichtet der Mann, der anonym bleiben möchte. Doch der Hausverwalter habe das Geld nicht an die Energieversorgung Leverkusen überwiesen.

Und das betreffe nicht nur seine Nebenkosten, sondern die aller Parteien in dem Mehrfamilienhaus an der Quettinger Straße. In einer E-Mail an diese Zeitung schreibt er, die Zustände im Haus seien „katastrophal: kein Trinkwasser, keine Toilettenspülung, keine Waschmöglichkeit“. Mieterinnen und Eigentümer im Haus würden von der EVL „kollektiv bestraft“ für eine Lage, für die sie nichts könnten. Er habe auch das Gesundheitsamt über die Situation informiert. 

Die EVL bestätigt auf Anfrage, dass sie tatsächlich am Montag, 12. Mai, den Strom- und Wasserzähler in dem Haus gesperrt habe. Das städtische Unternehmen schreibt auch, dass es, obwohl es in dem Haus mehrere Parteien gebe, nur einen einzigen Vertragspartner habe. Mit dem habe die EVL nach den gesetzlichen Regeln kommuniziert: „Es gab Mahnungen sowie mehrere schriftliche Kontakte und Telefonate, um eine drohende Zählersperrung frühzeitig abzuwenden. Das ganze Verfahren läuft bereits seit mehr als einem Jahr.“

Es gab Mahnungen sowie mehrere schriftliche Kontakte und Telefonate, um eine drohende Zählersperrung frühzeitig abzuwenden.
Energieversorgung Leverkusen

Auch die Sperrung sei „nicht von heute auf morgen“ erfolgt. Vielmehr sei die EVL einem genau definierten Prozess gefolgt: „Mieter bzw. Miteigentümer im Haus wurden von der EVL persönlich per Anschreiben im Briefkasten sowie mit Aushang im Hausflur über die drohende Zählersperrung informiert.“ Tatsächlich liegt dem „Leverkusener Anzeiger“ ein Schreiben der EVL von Anfang April vor, adressiert „An die Bewohner“ des Hauses an der Quettinger Straße. In diesem Schreiben wird die Sperrung von Strom und Wasser angekündigt. „Wegen der besonderen Härte für Sie als Betroffene werden wir die Liefereinstellung bis 18.04.25 aussetzen“, heißt es in dem Schreiben.

Das geschehe, um den Bewohnern die Möglichkeit einzuräumen, die Sperrung noch abzuwenden. Doch die Frist verstrich, ohne dass die EVL  ihr Geld erhielt. Eine weitere Gelegenheit, zumindest einen Teil des ausstehenden Geldes zu überweisen, nachdem Wasser und Strom bereits gesperrt waren, ging ebenso ungenutzt ins Land. Das geht aus der EVL-Stellungnahme hervor. „Noch letzte Woche“ – also in der Woche zwischen Montag, 12. Mai, dem Tag der Sperrung, und Freitag, 16. Mai – „wurde mit dem Vertragspartner der EVL eine Teilzahlung der ausstehenden Forderung vereinbart, wonach eine sofortige Aufhebung der Zählersperrung nach Eingang der Zahlung bei der EVL erfolgen sollte – Diese Teilzahlung liegt leider bis heute nicht vor.“

Es geht bei den ausstehenden Zahlungen um keine Kleinigkeit. Von einem Betrag oberhalb von 35.000 Euro ist die Rede. Die Sprecherin der EVL, Ursula Schubert, verweist mit Blick auf die Höhe der Geldforderung auf den Datenschutz und will sich dazu nicht äußern. Der Hausverwalter, der gleichfalls in dem Haus wohnt, äußerte sich auf telefonische Anfrage dieser Zeitung nicht im Detail, sagte aber: „Alles, was da auf war, ist gesichert und wird bezahlt.“

Energieversorgung Leverkusen muss Zähler meist nur kurz sperren

Schuberts Auskünften zufolge handelt es sich bei der zehntägigen Sperrung von Strom und Wasser in Quettingen um einen besonders krassen Einzelfall. 2024 habe die EVL in 29 Fällen den Gas- und in 34 Fällen den Wasserzähler gesperrt – das sind 0,12 Prozent der gesamten Gas- und Wasserzähler. In 287 Fällen wurde die Stromlieferung unterbrochen – betroffen waren 0,8 Prozent der Stromzähler. Die EVL-Sprecherin: „In der Regel werden diese Zähler am gleichen oder am nächsten Tag wieder angeschlossen.“

Das städtische Unternehmen unternimmt von seiner Seite aus einiges, um die Strom-, Gas- und Wasserzufuhr bei Kunden nicht sperren zu müssen. Diese ließen sich „durch den zeitlichen Vorlauf vom Erinnerungsschreiben bis hin zur Ankündigung der Sperrung sowie durch eine individuelle Beratung des Kunden vermeiden“. Man arbeite auch mit anderen städtischen Stellen und Organisationen wie Schuldnerberatungen, der Verbraucherzentrale oder dem Mieterbund zusammen. Schubert weist auch darauf hin, dass drohende Zählersperrungen in Mietshäusern dadurch vermieden werden können, dass Mietparteien ihre Zahlungen direkt und nicht über Dritte an die EVL leisten, wenn die Sperrung einmal angedroht ist.

In dem Quettinger Haus dürfte es am Mittwoch, 21. Mai, ein kollektives Aufatmen gegeben haben. Da hatte die EVL die gesperrten Zähler wieder geöffnet – aus Kulanz und bis auf Weiteres, wie das Unternehmen betont. Die Eigentümer in dem Haus waren auch selbst nicht untätig. Am Mittwochabend bestimmten sie auf einer Versammlung einen neuen vorübergehenden Hausverwalter aus ihren Reihen, der den Auftrag hat, ein professionelles, externes Verwaltungsunternehmen zu suchen.