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ProzessVergewaltiger von Leverkusen muss drei Jahre ins Gefängnis

Lesezeit 3 Minuten
Haus in der Stixchesstraße

In diesem Haus wurde eine Frau stundenlang gequält.

Über Stunden quälte ein Familienvater in Manfort eine Frau, mit der er sich zum bezahlten Sex verabredet hatte. Der Staatsanwalt hatte sieben Jahre Haft gefordert.

Sie kannten sich seit vier Jahren. Aber so hatte das Opfer den Mann noch nie kennengelernt: Ein Treffen in einer Wohnung in der Stixchesstraße am späten Abend des 6. Februar 2023 artetet zu einer Gewaltorgie aus, die erst am frühen Morgen des folgenden Tages von der Polizei beendet wurde. Da nahm sie den heute 32-Jährigen fest. Zuvor war es dem Opfer gelungen, den Peiniger ins Treppenhaus zu drängen und die Wohnungstür zuzuschlagen. 

Dass er gegen Ende der Quälerei rund 2,8 Promille Alkohol im Blut hatte und von Kokain berauscht war, kam dem Türken am Mittwoch zugute. Die 13. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts verurteilte ihn wegen Vergewaltigung und Körperverletzung zu drei Jahren. Damit blieb sie deutlich unter dem Antrag des Staatsanwalts, der eine siebenjährige Haftstrafe gefordert hatte. Verteidiger Günter Teworte hatte eine Bewährungsstrafe angeregt. Die wäre beim nun gefundenen Strafmaß zwar theoretisch möglich gewesen. Aber angesichts des Leids, das der Mann seinem Opfer zugefügt hatte, sei das „nicht mehr vertretbar“, so der Vorsitzende Richter Benjamin Roellenbleck zur Frage einer Strafaussetzung zur Bewährung.

Angstzustände nach dem Martyrium

Die rund vier Jahre ältere Frau habe nach der schlimmen Februarnacht Angstzustände gehabt und sich in der Merheimer Trauma-Klinik behandeln lassen müssen, daran erinnerte der Richter. Demgegenüber falle nicht so ins Gewicht, dass die Frau längst wieder ihre Dienste auf einschlägigen Sex-Seiten anbiete. Verteidiger Teworte hatte entsprechende Anzeigen am Mittwoch nachgereicht. Was ihren Job als Prostituierte angehe: „Also, da hat sie uns angelogen. Das kann man so sagen“, so Roellenbleck.

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Dass die Frau nach zunächst einvernehmlichem Sex vergewaltigt und immer wieder geschlagen wurde, konnte im Prozess aber zweifelsfrei herausgearbeitet werden. Zwar war die Aussage der Frau bei der Polizei nicht extrem detailliert, so dass der Übergang zwischen Abmachung und Gewaltorgie unscharf blieb. Doch die erheblichen Verletzungen – darunter ein Blaues Auge und eine abgebrochene Zahn-Prothese sowie Blutergüsse, Kratz- und Bisswunden – machten die Gewalt klar nachvollziehbar. Aber auch das frühe und recht weitreichende Geständnis des Angeklagten „war viel wert“, bilanzierte Roellenbleck am Mittwochnachmittag.

Ihr Geständnis war viel wert
Benjamin Roellenbleck, Vorsitzender Richter, zum Angeklagten

Unter anderem ersparte es dem Opfer eine weitere, überaus unangenehme, weil ins Detail gehende Befragung vor Gericht. Der Angeklagte habe „mitgearbeitet, und das muss sich auch auszahlen“, erläuterte der Richter. Günstig war auch, dass er sich persönlich schriftlich wie auch im Prozess bei der Bekannten entschuldigt habe. Nicht ins Gewicht fiel unter dem Strich, dass der Angeklagte der Frau ganz kurz vor Beginn der gerichtlichen Aufarbeitung 5750 Euro überwiesen hatte. Das sollte ein Täter-Opfer-Ausgleich sein, aber den hatte die Leverkusenerin nicht akzeptiert. Das müsse sie auch nicht, so Roellenbleck: Ein Schmerzensgeld für die erlittenen Qualen wäre auf jeden Fall höher ausgefallen.  

Warum der Mann, der seit zwei Jahren verlobt ist, in jener Februarnacht so gewalttätig wurde, war im Verlauf des Prozesses nur in Umrissen klar geworden: Er war schon angetrunken, als er in Manfort ankam. Der halbe Liter Wodka und ein großer Teil von fünf Gramm Kokain, die er im Lauf der Nacht konsumierte, taten ein Übriges. Ursächlich sei aber gewesen, dass am Morgen das große Erdbeben im Süden der Türkei und in Syrien viele Menschenleben gefordert hatte. Er fürchtete um seine Lieblingstante, war seine Aussage. Benjamin Roellenbleck fasste es betont unscharf so zusammen: „Er war irgendwie aufgewühlt.“ Kein Grund für einen solchen Gewaltexzess.