Im neuen Einzelhandelsgutachten verbirgt sich mindestens ein Streitpunkt. Und es zeigt: Opladen gewinnt, Wiesdorf verliert.
LebensmittelViele Supermärkte in Leverkusen sind zu klein und zu alt

Die Decathlon-Ansiedlung im früheren Kaufhof soll der City einen neuen Impuls geben. Abdelaziz Rachidi, Decathlons Expansionsleiter für Nordrhein-Westfalen, Vermieter Björn Krischick, WfL-Chef Markus Märtens und Stadtkämmerer Michael Molitor (von links) berichteten Ende November über den Mietvertrag.
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Insgesamt ist die Lage zufriedenstellend. Leverkusen hat ein ordentliches Angebot an Geschäften für den täglichen Bedarf. Zu diesem Ergebnis kommen Wolfgang Haensch und sein Kollege Julian Volz. Haensch leitet das Kölner Büro des Forschungsinstitutes Cima. Er kennt Leverkusens Laden-Landschaft schon aus dem Jahr 2017, als er ein erstes Einzelhandelskonzept für die Stadt erarbeitet hat. Seitdem hat es durchaus Verschiebungen gegeben. Betrachtet man alle Geschäfte für den kurzfristigen Bedarf – also nicht nur Lebensmittel –, hat Wiesdorf seit der ersten Erhebung 1000 Quadratmeter Fläche verloren; das Angebot ist auf 6800 Quadratmeter geschrumpft. Opladen hingegen verzeichnet fast 1200 Quadratmeter Zuwachs. Und das dürfte es nicht gewesen sein: Im Westteil der Neuen Bahnstadt könnten Läden mit bis zu 6400 Quadratmetern entstehen, von denen 2600 für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren vorgesehen sind.
Um einen weiteren Ausbauplan wird gestritten: Beim Umbau des Königsberger Platzes in Rheindorf-Nord will die federführende WGL den bestehenden Lebensmittler Penny durch einen Drogeriemarkt ersetzen. Das dürfte wohl ein Rossmann sein, denn ein DM steht schräg gegenüber an der Elbestraße neben dem Lidl. Den Rheindorfer Christdemokraten Rüdiger Scholz bringt dieser Plan auf die Palme. Penny habe ein großes Interesse daran, „auch nach der Umgestaltung des Königsberger Platzes und trotz der Ansiedlung eines Vollsortimenters“ den Markt zu erhalten. Dafür soll die Verkaufsfläche – sie liegt bei rund 600 Quadratmetern, was längst als zu klein gilt – etwas vergrößert werden. „Diese benötigte Erweiterung wäre ohne Problem umsetzbar. Platz für eine Erweiterung wäre in Richtung Norden und in Richtung Osten. Man muss nur wollen“, so Scholz.

Der Edeka an der Pommernstraße gehört zu den wichtigen Nahversorgern.
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Der Landtagsabgeordnete findet es „umso unverständlicher, dass man einen Investor, der seit Jahrzehnten treuer und guter Mieter ist und bleiben will, die Tür zuschlagen möchte und stattdessen einen weiteren Anbieter im Drogeriebereich ansiedeln will“. Für ihn ist die Idee, die von der Agentur Cima unterstützt wird, Ergebnis „einer laxen Recherche bei der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts“. Indes hat sich Rüdiger Scholz längst als Kritiker der gesamten Umgestaltung des Königsberger Platzes positioniert. Er hält den Abbruch diverser Häuser und deren Ersatz durch ein kompaktes, hohes Haus und weitere dicht gestaffelte Bauten für überzogen. Die städtische Wohnungsgesellschaft will in dem ohnehin dicht besiedelten Sprengel aus 140 Wohnungen 320 machen. Und einen großen Edeka ansiedeln.
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Geht es nach den Experten von Cima, kann nicht nur Rheindorf-Nord einen großen, modernen Supermarkt gebrauchen. In der ganzen Stadt gebe es zwar eine gute Verteilung solcher Geschäfte für den täglichen Bedarf. Aber „Größe und Marktauftritt einer nicht unerheblichen Anzahl von Lebensmittelbetrieben“ entsprächen nicht mehr den Anforderungen. Um sie langfristig zu sichern, „sind Modernisierungen in vielen Fällen betriebswirtschaftlich angeraten“, schreiben Haensch und Volz in ihrem Konzept.
Gut 1,1 Milliarden Euro sind jedes Jahr zu verteilen. Gut 575 Millionen davon könnten statistisch betrachtet im Leverkusener Handel landen, weil die gut 170.000 Leverkusenerinnen und Leverkusener diesen Betrag für ihren täglichen Bedarf ausgeben. Also Lebensmittel, Medikamente, Drogerie- und Parfümeriewaren, Blumen, Zeitungen und Zeitschriften. Diese Zahl wird nicht erreicht, schätzen die Cima-Forscher: Sie gehen von knapp 400 Millionen Euro Umsatz aus. Das ist gegenüber 2016 eine Steigerung von 17 Prozent, aber darin malt sich nur die steigende Einwohnerzahl und die Preissteigerung ab.

Der Norma-Supermarkt an der Manforter Straße/Konrad-Adenauer-Platz soll erweitert werden.
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Die Kaufkraft in der Stadt liegt mit 101,4 knapp über dem Bundesdurchschnitt, allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen Wiesdorf und Küppersteg, wo nur 96,9 erreicht wird und Schlebusch: Dort liegt die Kaufkraft mit 111,6 merklich über dem Durchschnitt in Deutschland.
374 Einzelhandelsbetriebe für den täglichen Bedarf gab es zuletzt in der Stadt. Ihre Verkaufsfläche summiert sich auf 64.105 Quadratmeter. Das ist im Vergleich wenig: 0,3 Quadratmeter pro Einwohner, wenn man nur den Platz für Nahrungs- und Genussmittel betrachtet: 50.705 Quadratmeter. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 0,42 Quadratmeter pro Konsument.
Je nach Stadtbezirk gibt es allerdings enorme Unterschiede in Leverkusen: Im Stadtbezirk I mit der City Wiesdorf, dem großen Standort Stixchesstraße, mehreren Nahversorgungszentren sowie einzelnen Lebensmittelmärkten wird mit 0,43 Quadratmeter pro Einwohner der Bundesdurchschnitt leicht überschritten. Der Stadtbezirk II mit dem Zentrum in Opladen kommt auf 0,31 Quadratmeter. Der Stadtbezirk III weist aber mit rund 10.700 Quadratmetern Verkaufsfläche für rund 59.200 Einwohner nur 0,18 Quadratmeter pro Person auf. Aber es gibt Ausreißer nach unten: Lützenkirchen und Bergisch Neukirchen sind vergleichsweise schlecht versorgt.
Insgesamt gibt es 3,7 Prozent weniger Verkaufsfläche als bei der Erhebung 2016. Das liegt unter anderem an der Schließung des früheren Edeka an der Adolf-Kaschny-Straße mit 1500 Quadratmeter und daran, dass Kaufland nach der Übernahme des Real-Marktes an der Stixchesstraße die Verkaufsfläche von 9700 auf 7100 Quadratmeter verkleinert hat. Manfort hat wegen der Stixchesstraße viel Verkaufsfläche pro Einwohner. Trotzdem sehen die Cima-Gutachter ein Defizit: Der Norma-Markt an der Rathenaustraße ist sehr wichtig für sein Umfeld, mit 400 Quadratmeter Verkaufsfläche aber zu klein. Eine Erweiterung ist zwar geplant, aber noch nicht verwirklicht. In Hitdorf können sich die Experten eine Stärkung im Zentrum vorstellen: Der Edeka-Markt ist mit seinen 700 Quadratmetern Verkaufsfläche recht klein, eine Erweiterung sei sinnvoll, steht im Gutachten.
Deutlich zurückgegangen ist seit 2016 die Zahl der Geschäfte auf dem Nahrungs- und Genussmittelsektor, von 401 auf 350. Im Flächenangebot bildet sich das weniger ab. Es ist nur 3,7 Prozent kleiner als zuvor. Dass das Flächenangebot weiter schrumpft, ist nicht anzunehmen: Neben den Plänen für die Bahnstadt-West und Rheindorf-Nord steht ein Ausbau in Fettehenne an: Dort sollen ein Lebensmitteldiscounter, ein Drogeriemarkt und kleinflächige Shops insgesamt rund 1900 Quadratmeter weitere Verkaufsfläche bringen.