Der Angeklagte vorm Amtsgericht ist ein Mitglied der stadtbekannten Leverkusener Clan-Familie.
Leverkusener GroßfamilieIst Clan-Mitglied Rennen im 500-PS-Auto gefahren?

Der Europaring, Blickrichtung vom Mühlenweg in Richtung Küppersteg.
Copyright: Ralf Krieger
Eine beliebte Strecke, um mal schnell ein Beschleunigungsrennen zu fahren, ist der Europaring. Pech für ein 23-jähriges Mitglied der stadtbekannten Leverkusener Großfamilie war, dass zwei Autos hinter ihm an der Ampel eine Polizistin in Zivil in ihrem Auto saß. Der Vorfall, der sich am 29. August 2024 um kurz vor 22 Uhr abgespielt haben soll, landete dadurch vorm Leverkusener Amtsgericht. Die Anklage ging von einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen aus.
Der Start des mutmaßlichen Rennens zwischen dem Großfamilienmitglied in einem 510 PS starken AMG-Mercedes und seinem unbekannten Gegner in einem weißen BMW war die Ampel Europaring/Mühlenweg. Bei Grün gaben die beiden Gas und beschleunigten auf der zweispurigen Strecke in Richtung Wiesdorf. Wenige Meter weiter, in der einspurigen Unterführung, sollen die Autos schon 110 Kilometer in der Stunde gefahren sein. Erlaubt sind 60. Der Blitzer bei der Abfahrt ist ja bekanntlich nur noch eine wirksame Attrappe.
Die Polizistin, die gerade von der Arbeit in Opladen nach Hause fuhr, versetzte sich kurzerhand selbst in den Dienst und heftete sich im Privatwagen an die beiden Raser. Jedenfalls will sie es in ihrem 120-PS-VW geschafft haben, nicht den Sichtkontakt zu den Autos zu verlieren. Hinter der Küppersteger Unterführung sollen die Raser kurz nebeneinander gefahren sein und wieder beschleunigt haben. Die Polizistin schätzt, dass die Autos auf dem Stück bis nach Wiesdorf noch einmal auf 140 Kilometer in der Stunde beschleunigten, sie habe Schwierigkeiten gehabt, dranzubleiben. Am Kreisel Kinopolis trennten sich die mutmaßlichen Rennteilnehmer.
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Leverkusen: Fahrer begibt sich zu Personengruppe
Die Polizistin erklärte als Zeugin bei der Verhandlung, sie habe sich entschieden, dem Mercedes zu folgen, der über die Wöhler-, Leverkus-, die Kaiserstraße bis zur Hauptstraße fuhr. Dort sei der Fahrer ausgestiegen, eine Personengruppe habe an der Hauptstraße gestanden, zu der sei der Fahrer gegangen. Die Zeugin sei vorsichtshalber in ihrem Auto sitzen geblieben. Sie konnte ihren Kollegen über Telefon eine Beschreibung durchgeben, anhand derer die ihn ausfindig machten und erkennungsdienstlich behandeln konnten.
Sie sei dann gefahren und überließ den Kollegen alles Weitere. „Er hatte ein Käppi, ein weißes T-Shirt an, niemand anderer war so angezogen“, sagte sie auf eine bohrende Nachfrage des Verteidigers Frank Bayer, der den schweigenden Mercedesfahrer vertrat. Der Anwalt zielte darauf, dass die Zeugin nicht zu 100 Prozent gesehen haben konnte, wer den Mercedes gefahren hatte.
Diese kleine Unsicherheit in der Beweisführung und die Tatsache, dass eine Verurteilung für ein lupenreines Kraftfahrzeugrennen trotz allem schwierig werden würde, veranlasste wohl Richter Dietmar Adam, die Verhandlung mit einem juristischen Handel zu beenden: „Wir drücken dafür alle Hühneraugen zu“, sagte Adam.
Das Großfamilienmitglied hatte angegeben, als Küchenhilfe und Auslieferungsfahrer zu arbeiten. Er muss als Auflage ein angebliches Monats-Nettogehalt von 2000 Euro als Buße an ein SOS-Kinderdorf zahlen und seinen Führerschein für einen Monat im Amtsgericht abgeben. Wegen Betrugs steht er unter Bewährung. Die Fahrerlaubnis werde man in der Akte aufbewahren, sagte Adam, und vorsorglich: „Sie wissen ja, dass sie dann kein Auto fahren dürfen.“
Die Verwunderung darüber, dass der Mann als Küchenhilfe einen 500-PS-AMG fährt, wurde erst nach Schluss der Verhandlung im Gerichtssaal geäußert. Diese Ungereimtheit war nicht Gegenstand des Verfahrens.