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Stichwahl Leverkusen Richrath vs. HebbelWie halten sie’s mit der Autobahn?

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Der Oberbürgermeister und der Kandidat: Uwer Richrat und Stefan Hebbel. Foto: Ralf Krieger

Gehen in die Stichwahl: Oberbürgermeister Uwe Richrath und Stefan Hebbel.

Der in der Stadt ungeliebte Autobahnausbau wird eines der wichtigsten Themen des künftigen Oberbürgermeisters.

Nur für diejenigen, die bis neulich noch an eine Tunnellösung statt einer neuen Stelzenautobahn in Leverkusen geglaubt hatten, war der Brief aus dem Bundesverkehrsministerium an Uwe Richrath eine Überraschung. Der Brief erreichte die Stadtverwaltung am 8. September; der Öffentlichkeit wurde er über Umwege am 12. September bekannt.

Darin tötet eine Staatssekretärin im Namen des Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder (beide CDU) den letzten Hoffnungsschimmer, dass für Leverkusen noch etwas anderes als eine Megastelze in Frage kommt, indem sie schreibt: „In der Gesamtschau der Abwägung der einzelnen Varianten ist jedoch insbesondere mit Blick auf die Kosten, Bauzeit und verkehrlichen Belange der Erweiterung in bestehender Hochlage eindeutig der Vorzug gegenüber den Tunnelvarianten zu geben.“ Oberbürgermeister Uwe Richrath hatte den neuen Bundesverkehrsminister eingeladen, um ihm die Probleme zu erklären, die durch den Ausbau auf die Stadt zukommen. Richraths Einladung schlägt Schnieder aus: Ihm sei die Situation gegenwärtig.

Autobahn1 Baustelle Leverkusen West. Bild: Ralf Krieger

Autobahnen auf Stelzen im Kreuz Leverkusen West

Vielen war lange klar, dass es darauf hinauslaufen würde. Noch vor wenigen Wochen hielt Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath aber an der Idee einer Tunnellösung fest, auch wenn das Insidern lange schon als Realitätsverweigerung galt. Aber Richrath war nicht allein, auch Politiker der CDU hielten einen Tunnel immer noch für möglich. Jetzt wissen alle Bescheid.

Der Leverkusener Kampf gegen den großen Ausbau von derzeit sechs Spuren auf die dann doppelte Breite dürfte neben der miserablen städtischen Finanzlage das bestimmende Thema der kommenden fünf Jahre für den Oberbürgermeister werden – wer auch immer das wird.

Zur Stichwahl treten Oberbürgermeister Uwe Richrath und Stefan Hebbel an; mit beiden haben wir gesprochen, wie sie mit der Autobahnmisere umgehen wollen. Viele Wähler haben Richrath und Hebbel auf ihren Wahlkampftouren mit auf den Weg gegeben, dass sie vom Wahlsieger erwarten, die Unannehmlichkeiten der Autobahnbaustelle zu regulieren, aber auch, dass er auch grundsätzlich gegen den großen Ausbau kämpfen soll.

Das Schreiben des Bundesverkehrsministers

Das Schreiben des Bundesverkehrsministers

Es sei ein unverschämter Brief gewesen, der ihn wenige Tage vor der Wahl erreicht habe, sagt Uwe Richrath: „Es hieß bisher aus dem Ministerium immer, dass wir uns gemeinschaftlich austauschen.“ Man sei ja nicht dagegen, dass die Stelze ersetzt werde, aber: „Die Frage ist doch, brauchen wir einen so großen Ausbau? Wir können ja nicht so handeln wie 1970: immer breiter, immer breiter.“

Richrath setzt jetzt auf die Klage gegen das Planfeststellungsverfahren, mit dem die Autobahn GmbH den Ausbau der Megastelze, des Kreuzes und der A3 festklopfen will. Die Klage dagegen wird die Stadtverwaltung unterstützen, wenn nicht gar selbst führen. Richrath sagt, er rechnet damit, dass der Abbruch der Stelze 2031 ansteht und nach der klaren Ansage aus dem Ministerium rechnet er außerdem damit, dass die Autobahn GmbH bald das Planfeststellungsverfahren eröffnet.

Laut einem Ratsbeschluss ist die Stadtverwaltung verpflichtet, der Autobahn GmbH Sand ins Getriebe rieseln zu lassen, durch das Zurückhalten von Daten. Ziel ist es, die Planung so lange zu verzögern, bis entweder kein Geld mehr für den Bau der nach Meinung vieler Fachleute überdimensionierten Autobahnen da ist oder bis sich unter den Sachzwängen des Klimawandels die riesigen Asphaltflächen nicht mehr durchsetzen lassen.

Dass dieses städtische Querstellen der Leverkusener Verwaltung zuletzt nicht immer gut funktioniert hat, diese Meinung kursiert zumindest unter Fachleuten, die sich dem Kampf gegen den Autobahn-Ausbau verschrieben haben. Nachdem die Autobahn GmbH zuletzt ein großes Datenpaket von der Stadt angefordert hatte, sollen diese Daten im Baudezernat teilweise vorauseilend zusammengestellt worden sein. Dazu äußert sich Richrath ausweichend. Von sich sagt er, er sei ein Kämpfer: „Aber nicht mit der Brechstange, ich agiere konstant.“

Als Kämpfernatur sieht sich Stefan Hebbel auch: „Ich bin beharrlich“. Und er sagt: „Wir Leverkusener haben keinen Grund, es denen (der Autobahn GmbH, d. Red) jetzt leicht zu machen.“ Die Entscheidung für die Stelze sei „katastrophal und enttäuschend, sehr schlecht für die Stadt“, sagt er.

Im Brief aus dem Ministerium appelliert die Verfasserin an die Leverkusener, „dieses erforderliche Projekt positiv zu begleiten“, aber, so Hebbel, das setze ein zweiseitiges Entgegenkommen voraus.

Hebbel ist Polizeibeamter im höheren Dienst, er kennt sich mit Gesetzen und Verwaltungen aus, kann damit arbeiten. Aber Oberbürgermeister sind Beamte, sie müssen Weisungen „von oben“ akzeptieren und gehorchen, wenn sie rechtskonform sind, also etwa Daten liefern, die die Autobahn GmbH von der Stadt fordert. Hebbel sagt: „In dieser Sache müssen wir den Rechtsweg ausschöpfen“, also bei der Klage gegen die Planfeststellung und bei der Verzögerung der Herausgabe von Daten.

Über kreative Möglichkeiten, wie eine Verwaltung intern Vorgänge ausbremsen kann, wollen Richrath und Hebbel, beides Beamte und Wahlkämpfer, nicht öffentlich sprechen.


Kommt der A3-Ausbau später?

Wegen einer Finanzlücke bei der Autobahn GmbH könnte sich der Ausbau der A3 mindestens verzögern. Bis 2029 gibt es einen zusätzlichen Bedarf von 5,5 Milliarden Euro, teilte das Ministerium von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Der Ausbau des Abschnitts der A3 zwischen der Auffahrt Leverkusen Zentrum und dem Leverkusener Kreuz steht neben vielen anderen Projekten laut einer neuen Liste der Autobahn GmbH wegen des Finanzlochs unter Vorbehalt. Für die Autobahn GmbH ist das ein Problem, in Leverkusen dürft die Liste aber allgemein als gute Nachricht aufgefasst werden, weil ein Ausbau der A3 schwerwiegende Folgen hätte: Entlang dieses Autobahnstücks liegen die Berufsschule Bismarckstraße, die Syltstraße mit dem Gewerbegebiet und die Schleswig-Holstein-Siedlung und die Brücke Gustav-Heinemann-Straße. Die Stelze wird in der Liste der Verschiebe-Baustellen nicht aufgeführt. (rar)