Bayer 04 enttäuscht beim 1:1 gegen Gladbach. Coach Kasper Hjulmand freut sich auf seine erste richtige Trainingswoche.
Viel Arbeit für HjulmandBayer 04 ist auf der Suche nach sich selbst

Leverkusens Trainer Kasper Hjulmand und Zugang Malik Tillman.
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Malik Tillman senkt immer wieder den Kopf und schaut auf den Boden, während er am Sonntagabend im Inneren der Bay-Arena nach Worten für die erneut ernüchternde Leistung seiner Mannschaft sucht. „Wir hatten lange Zeit gute Kontrolle über das Spiel, aber nicht wirklich was daraus gemacht, haben zu wenige Chancen kreiert und dann einfach wieder das Standardtor kassiert. Daraus müssen wir lernen, es besser machen. Das sollte eigentlich nicht nochmal passieren“, sagte der 23-Jährige nach dem 1:1-Ausgleichstreffer von den bis zu diesem Zeitpunkt noch torlosen Mönchengladbachern in der Nachspielzeit nach einer Ecke.
„Standards sind wichtig. Standards können das Spiel entscheiden. Offensiv wie defensiv sollte man immer mit 100 Prozent da sein. Das waren wir jetzt heute nicht.“ Leverkusen ist allerdings in allen Bereichen des Fußballspielens noch nicht bei 100 Prozent. Die Zwischenbilanz in der Fußball-Bundesliga ist bitter: Gegen maximal mittelklassige Mannschaften wie Hoffenheim (Platz neun), Bremen (14) und nun Gladbach (17) holte die Werkself nur zwei Pünktchen – viel zu wenig für einen Klub, der den Anspruch formuliert hat, unter den Top vier der Tabelle zu landen. In der Momentaufnahme nach vier Spieltagen ist es derzeit nur Rang elf.
„Es fehlen einfach noch gewisse Abläufe. Das kommt durch die Spiele, durch das Training, durch einen gewissen Spielplan. Aber mit der Zeit müssen wir einfach diesen Rhythmus finden“, betonte Tillman, der das 1:0 erzielt hatte, aber selbst noch nicht in Leverkusen angekommen scheint. „Die Saison ist lange, es kann noch viel passieren. Ich glaube auch, dass es mit der Zeit besser wird. Es muss auch besser werden. Das ist unser Anspruch. Wir wollen auch, dass es so schnell wie möglich geht, aber manchmal braucht sowas einfach seine Zeit.“
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Erste komplette Trainingswoche für Hjulmand
Zeit vergeudet hat Bayer 04 mit der Ernennung von Erik ten Hag zum Nachfolger von Erfolgstrainer Xabi Alonso. Das Fehlereingeständnis durch die Entlassung bereits nach dem zweiten Spieltag führte dazu, dass der neue Coach Kasper Hjulmand bisher kaum Zeit hatte, mit der Mannschaft auf dem Platz zu arbeiten. Bis zum Sonntag war der Däne zwölf Tage im Amt und absolvierte in dieser Zeit drei Pflichtspiele (ein Sieg, zwei Remis) mit seinem Team. Einem Team, das durch mehr als 30 Transferbewegungen fast komplett neu zusammengestellt wurde. „Wir bauen eine neue Mannschaft auf“, sagte Hjulmand nach der Partie gegen Gladbach: „Wir haben keine Zeit, deshalb muss es schnell gehen und dafür brauchen wir Ergebnisse. Wir hatten gegen Gladbach sieben Spieler in der Startelf, die vergangenes Jahr noch nicht hier waren. Wir haben großes Potenzial, großartige Spieler mit sehr viel Qualität, die sich noch zusammenfinden müssen. Sie suchen noch nach ihren Positionen, sie suchen sich untereinander und müssen sich noch kennenlernen.“
Umso dankbarer ist der ehemalige dänische Nationaltrainer dafür, dass er nun eine komplette Trainingswoche zur Verfügung hat, um dem Team seine Idee von Fußball näherzubringen. Allerdings ist die Woche aufgrund des vergangenen Sonntagsspiels und des anstehenden Samstagsspiels (15.30 Uhr, DAZN) beim FC St.Pauli nicht besonders üppig mit Trainingseinheiten bestückbar. Am Montag standen das Spielerersatztraining und die Pflege der Akteure auf dem Programm, der Dienstag ist frei. „Wir trainieren Mittwoch und Donnerstag. Und wir haben viel Arbeit vor uns. Auch wenn es nur zwei richtige Trainingseinheiten sind, ist es wichtig, mit Qualität zu arbeiten, mit einer einfachen Struktur“, betonte Hjulmand. „Wir brauchen mehr Klarheit und eine bessere Struktur. Diese Woche ist sehr, sehr, wichtig, denn danach haben wir wieder drei Spiele.“
Nach der Partie in Hamburg geht es gegen Eindhoven in der Champions League und gegen Union Berlin in der Bundesliga, bevor die nächste Länderspielphase ansteht, in der große Teile des Kaders mit ihren Nationalmannschaften unterwegs sein werden. Tilmann erklärte: „Die Woche jetzt ist enorm wichtig. Wie gesagt: Ein paar Abläufe fehlen. Die kann man jetzt trainieren. Wir Spieler können uns noch besser kennenlernen. Deswegen ist es schon eine wichtige Woche für uns.“ Besonders in Ballbesitz gegen tiefstehende Gegner wirkte die Werkself zuletzt einfallslos. Die Spielanlage war zu statisch, es gab kaum Läufe in die Tiefe. So war es für die Gegner zu einfach, die Angriffsbemühungen der Leverkusener ersticken zu lassen.
Beim bisher einzigen Sieg, dem 3:1 gegen Frankfurt, verteidigte die Eintracht sehr hoch, Bayer 04 nutzte die Räume hinter der Kette, spielte ungewohnten, aber erfolgreichen Konterfußball. Das soll aber die Ausnahme bleiben. Hjulmand betonte mehrfach, dass der Klub in Leverkusen seine eigene Identität und Spielidee habe, die zu seinen Vorstellungen von Fußball passen würden: kontrollierter, attraktiver Offensivfußball aus dem Ballbesitz heraus. „Unser Spiel, unsere Positionen, unser Aufbau muss flüssiger werden“, sagte der 53-Jährige. „Wir haben bislang noch nicht mit denselben Spielern gespielt. Wir brauchen daher einen Kern, mit dem wir spielen. Jeder muss seine Rolle im System kennen. Wie bauen wir auf, wie spielen wir uns Chancen heraus. Uns fehlt noch flüssiger Fußball. Manchmal sieht man ihn schon, aber uns fehlt mehr davon.“ Darunter leide auch Stürmer Patrik Schick, der in den beiden vergangenen Spielen komplett in der Luft hing, so Hjulmand.
Dass Bayer 04 zudem defensiv anfällig war, viele Torchancen zuließ, sei der zweite Punkt, an dem er mit seiner Mannschaft in dieser Woche arbeiten werde – auf dem Platz und ebenso intensiv per Videostudium: „Wir müssen unser Gegenpressing bei Ballverlusten verbessern. In Kopenhagen war das grauenhaft, gegen Gladbach schon besser. In der Defensive müssen wir stark sein, auch im Eins-gegen-Eins über den ganzen Platz, wir dürfen keine Räume zum Kontern zulassen.“ Das wird besonders beim FC St.Pauli vonnöten sein. Das Team von Trainer Alexander Blessin hat einen mehr als soliden Saisonstart hingelegt, steht auf Rang fünf und wird die vermeintlichen Fortschritte bei Bayer 04 nach dieser Trainingswoche am Millerntor auf die Probe stellen.