Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Sparkurs beschlossenArbeitskampf bei Ford in Köln ist beendet – Warum die Lage dennoch unsicher bleibt

3 min
01.08.2023, Köln: Im John Andrews Entwicklungszentrum bei FORD wurde der neue vollelektrische Explorer entwickelt. Foto: Uwe Weiser

Der vollelektrische Ford Explorer wurde in Köln entwickelt und wird hier auch gebaut.

Die Mitarbeiter von Ford in Köln nehmen nach langem Ringen den Kompromiss zu Sparmaßnahmen und Abfindungspaketen an.

Der Arbeitskampf bei den Kölner Ford-Werken ist beendet. Nachdem sich die IG Metall und das Management im Juli auf einen Kompromiss zu Sparmaßnahmen, Abfindungspaketen und anderen finanziellen Schutzmaßnahmen geeinigt hatten, ließ die Gewerkschaft in dieser Woche mehr als 10.000 Gewerkschaftsmitglieder der Ford-Werke abstimmen.

Das Ergebnis der Urabstimmung: Die IG-Metall-Mitglieder bei Ford nehmen das Verhandlungsergebnis an. „Mit der erneut hohen Wahlbeteiligung (80,9 Prozent) und dem eindeutigen Ergebnis in Höhe von 93,5 Prozent Zustimmung zum Verhandlungsergebnis haben uns die Kolleginnen und Kollegen bestätigt, wie wichtig ihnen genau diese Sicherheit war“, kommentiert David Lüdtke, Vertrauenskörperleiter Ford Niehl/Merkenich, das Urabstimmungsergebnis.

Die erbitterte Auseinandersetzung zwischen Belegschaft und Management hatte im Mai zum ersten Streik in der Geschichte der 1930 gegründeten Kölner Ford-Werke geführt, die Arbeitsniederlegung dauerte einen Tag und legte die Produktion komplett lahm.

Bis Ende 2700 sollen 2900 Stellen wegfallen

Ford ist unter Druck, der Verkauf neuer E-Fahrzeuge aus Köln liegt unter den Erwartungen. Bis Ende 2027 sollen 2900 Stellen wegfallen und damit circa ein Viertel der noch etwa 11.500 Arbeitsplätze. Wer geht, bekommt laut Kompromiss zwischen Gewerkschaft und Geschäftsführung recht hohe Abfindungen. Außerdem gibt es eine finanzielle Vereinbarung mit dem US-Mutterkonzern, die der Belegschaft mehr Sicherheit gibt.

Die Gewerkschaftsspitze gibt sich erleichtert mit dem Ausgang der Urabstimmung. In den letzten Tagen hatte es noch Kritik an der Höhe der Abfindungen gegeben, entsprechend ist der so deutliche Ausgang einen Überraschung. „In rund 30 Infoveranstaltungen des Betriebsrates haben wir in der vergangenen Woche die Fragen der Kolleginnen und Kollegen zum Verhandlungsergebnis beantwortet“, sagt Benjamin Gruschka, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Ford-Werke. „Uns war es wichtig, dass die Mitglieder die vielen verschiedenen Regelungen verstehen und somit eine gute Entscheidungsbasis, für die Urabstimmung bekommen.“

11.07.2025, Köln: Kerstin Klein von der IG Metall. Bei Ford wird die Entscheidung der US-Mutter verkündet, inwieweit die Belegschaft von 11.500 Menschen in Köln im Falle einer Insolvenz trotzdem mit Abfindungen abgesichert sind. Foto: Arton Krasniqi

11.07.2025, Köln: Kerstin Klein von der IG Metall. Bei Ford wird die Entscheidung der US-Mutter verkündet, inwieweit die Belegschaft von 11.500 Menschen in Köln im Falle einer Insolvenz trotzdem mit Abfindungen abgesichert sind. Foto: Arton Krasniqi

„Es gab dabei aber nicht nur Rückfragen zu den Details des komplexen Abschlusses, auch Kritik in beide Richtungen wurde geäußert“, sagte Kerstin   Klein, Geschäftsführerin der IG Metall Köln-Leverkusen, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Unter anderem nage die Ungewissheit an den Nerven der Menschen. „Die Beschäftigten möchten endlich wissen, was konkret mit ihnen passiert. Das wird aber nun erst in den nächsten Monaten zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung verhandelt, nachdem die Vereinbarungen zu den Prozessen und Nachteilsausgleichen unterschrieben sein werden“, so Klein weiter.

„Für uns war es von höchster Bedeutung erst dieses Sicherheitsnetz, das die gesamte Kölner Belegschaft für den schlimmsten Fall absichert, zu spannen, bevor es nun in die konkrete Umsetzung der angedachten Restrukturierung geht“, sagt Frank Koch, Vertrauenskörperleiter des Ersatzteilzentrums FCSD an.

Die Geschäftsführung wertete das Ergebnis ebenfalls positiv. „Das ist ein positiver Schritt nach vorn, der unseren Mitarbeitern in Köln die nötige Klarheit und Sicherheit bietet“, sagte ein Firmensprecher. „Es ermöglicht dem Unternehmen, unseren Restrukturierungsplan sozialverträglich umzusetzen und ein zukunftsorientiertes und kosteneffizientes Unternehmen in Europa aufzubauen.“ Nach dem grünen Licht durch die Belegschaft müssen Geschäftsführung und Arbeitnehmerseite noch entsprechende Verträge und Vereinbarungen unterschreiben, das gilt als Formsache. In den kommenden Monaten besprechen Betriebsrat und Geschäftsführung noch die Einzelheiten des Sparkurses, etwa welche Stelle wann wegfallen soll.

Kernstück der Vereinbarung ist ein Sicherheitsnetz der US-Mutter, das die Belegschaft vor einer theoretisch möglichen Insolvenz der Deutschlandtochter schützen soll. Sollte dieser Fall tatsächlich eintreten – derzeit ist das reine Theorie –, würden die betroffenen Mitarbeiter Geld vom US-Mutterkonzern bekommen.

Zuletzt zogen die Verkaufszahlen von Ford in Deutschland auf niedrigem Niveau an. Seit Jahresbeginn hat sich der Marktanteil von Ford-Pkw in Deutschland von circa drei auf 4,5 Prozent überaschend deutlich erhöht