Unsere Autorin sehnt das Ende eines ermüdenden Wahlkampfes herbei und hat eine Idee für die Weiterverwendung von überdimensionaler Wahlwerbung.
Die Qual (vor) der WahlSchwarze Tränen bei einer Niederlage

Werbung für die Netflix-Serie „Wednesday“ bei der Gamescom in Köln.
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Jenna Ortega, den meisten als Wednesday aus der gleichnamigen Netflix-Serie bekannt, steht am Sonntag nicht als Kölner OB-Kandidatin zur Wahl. Schade eigentlich, denn das Bild der 22 Jahre alten Schauspielerin aus den USA prägte das Kölner Stadtbild auf übergroßen Werbeplakaten weit auffälliger als alle Versuche der tatsächlich zur Wahl stehenden Personen, auf sich aufmerksam zu machen. Ob das an ihnen selbst lag oder am Desinteresse vieler Wählerinnen und Wähler sei mal dahingestellt.
Der Wahlkampf geht jetzt zu Ende. Zum Glück, muss man sagen, denn er war furchtbar langweilig. Da sprühte niemand vor Charisma und wirklich kontroverse Diskussionen kamen nicht auf. Der Bekanntheitsgrad selbst der drei aussichtsreichsten Kandidaten auf das OB-Amt ist niedrig. Das zeigte zuletzt eine Forsa-Umfrage im Auftrag des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und des Express. Solche Probleme haben sie bei „Wednesday“ nicht. In den ersten fünf Tagen nach dem Start der zweiten Staffel gab es bereits 50 Millionen Views für die Kultserie.
Mühe gegeben haben sich die Kandidaten in Köln ja. Torsten Burmester von der SPD hängt an einer Hausfassade direkt am Neumarkt. Das Plakat reicht über drei Stockwerke, und der 62-Jährige wirbt darauf für sich und eines seiner Lieblingsthemen: „Sicherheit und Sauberkeit in jedem Veedel.“
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Schon Henriette Reker überraschte 2020 in Köln mit einem überlebensgroßen Konterfei im Streetart-Stil
Und Berivan Aymaz von den Grünen hat sich ein monumentales Graffito an einer Hauswand am Ehrenfeldgürtel gegönnt. Damit tritt sie in die Fußstapfen von Noch-Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), die 2020 mit einem überlebensgroßen Konterfei im Streetart-Stil auf einer Hauswand an der Severinstraße für Aufsehen gesorgt hatte.
Solche übergroßen Wandgemälde in Städten, genannt „Murals“, gibt es überall auf der Welt. Der mexikanische Maler Diego Rivera, Ehemann von Frida Kahlo, entfachte den Trend in den 1920er Jahren. Bekannte Murals sind heute die „Wall of Respect“ in Chicago, die afroamerikanischen Helden wie Malcolm X, Muhammad Ali oder Nina Simone gewidmet ist. Oder „La Fresque des Lyonnais“ in Lyon mit den Bildern von 30 berühmten Persönlichkeiten der Stadt, darunter Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, der Autor von „Der kleine Prinz“.
Das Reker-Mural schaffte es nicht in diese Liga. Es blieb Köln nur für drei Jahre erhalten. Dann wich es der Werbeinstallation eines Lebensmitteldiscounters für die eigene Milchmarke – inklusive echtem Moos an der Hausfassade. Das Highlight unter den Wednesday-Plakaten war eine Konstruktion in Ehrenfeld, bei der Tränen aus schwarzer Farbe über das Abbild der Schauspielerin liefen. Es hängt nicht mehr. Wahrscheinlich war die Farbe alle.
Aber die Idee lässt sich wiederverwenden, dann müsste die riesige Werbung des Verlierers oder der Verliererin im Kampf um das Oberbürgermeister-Amt in Köln nicht gleich ersetzt werden: Schwarze Tränen zum Zeichen der Niederlage. Zu morbid? Passt doch zu diesem Wahlkampf.