Der Mann soll zudem Polizisten angegriffen haben. Das droht ihm jetzt beim Prozess am Kölner Landgericht.
Nachbarschaft terrorisiert„Der Intensivtäter unter den Intensivtätern“ vor Gericht

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Marc Michelske beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht
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Ein mutmaßlich psychisch kranker Mann terrorisiert seit Monaten die Kölner Südstadt. Er wirft Scheiben ein, zerkratzt Autos und bedroht Anwohner – so berichten es Zeugen. Die Polizei nimmt die Anzeigen entgegen, doch für die Betroffenen ändert sich erstmal nichts. Der Mann treibt weiter sein Unwesen (wir berichteten). Ein ähnlicher Fall wird seit Dienstag am Landgericht verhandelt. Tatort: Porz. Dingfest gemacht wurde der Beschuldigte hier erst nach heftigen Angriffen auf Polizeibeamte.
Köln: Anwohner randaliert in Mehrfamilienhaus in Porz
Es war der 10. Februar, mitten in der Nacht, als die Anwohner des Mehrfamilienhauses in der Bergerstraße ein letztes Mal aus dem Schlaf gerissen wurden, ein letztes Mal Angst vor ihrem Nachbarn hatten, bis dieser von den Behörden für längere Zeit weggesperrt wurde. Der 30-Jährige wurde in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Beim Prozess vor der 13. Großen Strafkammer droht dem Mann nun die dauerhafte Unterbringung in der geschlossenen Forensik.
Die Staatsanwaltschaft fasste die Geschehnisse in der Tatnacht so zusammen: Um 4.12 Uhr ging der Notruf ein. Bewohner meldeten, der Nachbar trete gegen die Wohnungstüren und habe ein Messer in der Hand. „Beim Eintreffen der Beamten stand er auf dem Balkon und warf eine Holztrennwand auf ein parkendes Auto“, so beschrieb es der Ankläger. Polizisten wollten den Mann überwältigen, da soll er zuerst nach einer Dienstwaffe, dann nach dem Pfefferspray der Beamten gegriffen haben.
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Der Randalierer habe versucht, das Pfefferspray gegen die Polizisten einzusetzen. „Er drückte darauf herum“, hieß es, doch nichts passierte. Der Mann habe das Gefäß falsch herum gehalten. Die Polizisten setzten einen Taser ein und verpassten dem Mann so einen Stromschlag. Da das Gerät aufgesetzt war und nicht aus der Distanz abgeschossen wurde, zeigte es nicht die gewünschte Wirkung, wie ein Polizist erklärte. Schließlich gelang es den Beamten aber, den Mann zu fixieren.
Köln: „Der Intensivtäter unter den Intensivtätern“
Der Randalierer war bereits seit Monaten der Polizei bekannt. „Er war der Intensivtäter unter den Intensivtätern“, so fasste es ein Beamter im Zeugenstand in Saal 32 des Kölner Justizgebäudes zusammen. Zeitweise seien sie zwei- bis dreimal pro Tag in die Porzer Bergerstraße ausgerückt. Häufig soll der Beschuldigte seine Nachbarn beleidigt und weitere Gegenstände von seinem Balkon geworfen haben. Auch sei er mehrfach im benachbarten Rewe beim Klauen erwischt worden.
Das Gewaltpotential beim 30-Jährigen habe sich immer mehr gesteigert. „Erst haben wir nur die Anzeigen aufgenommen und ihn daraufhin befragt“, so der Beamte. Da sei der Mann noch ganz ruhig geblieben. Aggressiv sei er den Polizisten gegenüber erst geworden, als sie ihn zur Abwehr weiterer Straftaten in Gewahrsam nehmen wollten. So sei er nach einem mutmaßlichen Diebstahl im Supermarkt dort wenige Minuten später wieder aufgetaucht. Er habe sich dort ins Café gesetzt.
Köln: Polizisten ins Auge und in den Mund gespuckt
Als die Beamten den Mann mitnehmen wollten, sei er zunächst geflüchtet und gegen die Schiebetür des Rewe-Marktes gelaufen – weil die sich nicht schnell genug geöffnet habe. Dann habe der Mann um sich gespuckt. Bei einem weiteren Einsatz habe er zwei Beamten sogar gezielt ins Gesicht gespuckt – ein Polizist wurde im Auge getroffen, eine Kollegin im Mund. „Sie mussten sich beinahe übergeben und hatten große Angst vor übertragbaren Krankheiten“, erklärte der Staatsanwalt.
Die Taten soll der Mann im Zustand einer Psychose begangen haben, demnach wäre er schuldunfähig. Allerdings steht auch ein übermäßiger Drogenkonsum im Raum. Der Richter deutete an, der Beschuldigte könnte psychisch gesund sein. Dann drohe nicht mehr die Unterbringung, sondern eine normale Strafe. Wie die aussehen wird, muss der weitere Prozess zeigen. Mitverhandelt wird auch eine Vergewaltigung. Der Mann soll im Februar 2024 eine schlafende Bekannte missbraucht haben. Äußern wollte sich der Beschuldigte auf Anraten seines Verteidigers Marc Michelske nicht.

