Im Mittelpunkt der Diskussion im Stadtrat stand das sogenannte Zürcher Modell, das die Fraktionen sehr unterschiedlich interpretieren.
VerwahrlosungKölner Stadtrat streitet über Standorte für neue Drogenhilfsangebote

Am Durchgang vom Haubrich-Hof zur Lungengasse setzt sich ein drogenabhängiger Mensch eine Spritze.
Copyright: Arton Krasniqi
In der letzten Ratssitzung vor der Kommunalwahl hat sich der Stadtrat in einer intensiv geführten Debatte damit auseinandergesetzt, wie Köln in den kommenden Monaten mit der grassierenden Drogenproblematik umgehen soll. Im Mittelpunkt stand dabei das sogenannte „Zürcher Modell“, das offensichtlich sehr unterschiedlich ausgelegt wird.
Polizeipräsident Johannes Hermanns hält flammendes Plädoyer
Am Ende beschlossen die Politiker mit großer Mehrheit, dass die Stadtverwaltung eine Brachfläche gegenüber dem Polizeipräsidium in Kalk als einen möglichen Standort für ein neues Drogenhilfszentrum mit Aufenthalts- und Waschräumen prüfen soll. Polizeipräsident Johannes Hermanns hatte das Areal im Eigentum des Landes ins Spiel gebracht, weil es schnell zur Verfügung stehen würde. Hermanns, der selbst an der Ratssitzung teilnahm, hielt ein flammendes Plädoyer dafür, in der unmittelbaren Nähe des Neumarkts kein neues Hilfsangebot für drogenabhängige Menschen zu schaffen, wenn der bisherige Drogenkonsumraum vor Ort geschlossen wird.
Es müsse nicht zwingend der Standort am Polizeipräsidium Kalk sein, sagte der Polizeipräsident. „Wir gehen auch an andere Standorte mit, wir haben aber ein Problem damit, wenn Sie uns das mitten in die Szene legen“, sagte er. Der Neumarkt sei als Markplatz für harte Drogen bundesweit bekannt. Dem Argument, dass die Drogenabhängigen an die Orte gehen, an denen sich die Dealer aufhalten, entgegnete er: „Es könnte auch sein, dass der Dealer dem Junkie folgt.“ Das garantiere den Händlern einen sicheren Umsatz.
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Auch die CDU hatte in ihrem ursprünglichen Antrag den Standort in Kalk als Ersatz für den Neumarkt betrachtet und von einer Verlegung gesprochen. „Die Polizei muss den Drogenhandel am Neumarkt komplett unterbinden“, sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Ziel müsse es sein, den Hotspot am Ende „komplett aufzulösen“. Petelkau sprach sich dafür aus, am Standort in Kalk das Zürcher Modell umzusetzen.
In Zürich befinden sich zwei der drei Anlaufstellen im Stadtzentrum
Grüne, SPD, Linke und Volt sehen das anders. Sie wollen zum einen, dass die Stadtverwaltung als möglichen Standort für ein Drogenhilfszentrum auch die von der Stadt angemietete ehemalige Kaufhof-Zentrale in der Leonhard-Tietz-Straße prüft. Diese befindet sich hinter dem Gebäude der Stadtbibliothek und somit in unmittelbarer Nähe zum Neumarkt. Zum anderen sind sich die vier Fraktionen einig, dass es in Köln wie in Zürich mehrere Drogenhilfszentren geben muss und nicht nur einen neuen großen Standort.
Der zuständige Gesundheitsdezernent Harald Rau verwies darauf, dass es in Zürich – mit 436.000 Einwohner nicht einmal halb so bevölkerungsreich wie Köln – drei Drogenhilfszentren gebe. Eine dieser Anlaufstellen befindet sich 300 Meter weit vom Hauptbahnhof entfernt, die andere 300 Meter von der Altstadt entfernt, beide sind also zentral in der Innenstadt gelegen. Lediglich die dritte befindet sich im weiter außen gelegenen Quartier Oerlikon. „Die Evidenz ist ganz stark, dass ein weit von der Szene entfernter Standort nicht funktioniert“, sagte Rau.
„Ich will handeln, aber dazu benötigen wir zuerst Klarheit, wo die geeigneten Standorte sind“, sagte Rau. Der Dezernent wies zudem noch einmal darauf hin, dass er für die drei neuen Hilfsangebote zusätzlich 14 Millionen Euro benötigen würde. Das sei aus seinem Etat derzeit nicht bezahlbar, eine Entscheidung gehe daher über sein Dezernat hinaus, sagte Rau.