Eine professionell agierende Bande soll Plagiate von „Hugo Boss“, „Adidas“ und „Armani“ verkauft haben.
Gefälschte DesignerwareKölner Bande soll Millionen mit Luxus-Plagiaten verdient haben

In einem Lager in Porz stellten Ermittler vor wenigen Wochen diese gefälschten Kleidungsstücke sicher.
Copyright: Polizei Köln (Archivbild)
In einem unscheinbaren Lager im Kölner Umland stapelten sich 330 Kartons mit Kleidungsstücken: „Hugo Boss“, „Armani“, „Adidas“. Was nach edler Markenware aussah, war in Wahrheit gefälschte Massenware aus dubiosen Quellen. Vor dem Landgericht muss sich nun ein 64-Jähriger verantworten, der mit Komplizen ein Netz aus Firmen und Online-Shops aufgebaut haben soll, um die falsche Designerkleidung im großen Stil zu verkaufen. Der Umsatz betrug laut Anklage 1,7 Millionen Euro.
Köln: „Hugo Boss“-Artikel für 12.900 Euro verkauft
Unter Namen wie „Fashion Store“ oder „Trend Fashion“ liefen die Geschäfte, zunächst über die Internetplattform Ebay, mit bis zu zwanzig Verkäufen am Tag. Die Kleidung kam in Lkw-Ladungen aus den Niederlanden, verschwand in Lagern rund um Köln und wurde von dort weiter vertrieben, auch nach Frankreich, Österreich, Norwegen, Rumänien, in die Schweiz und in die Türkei. Verkauft wurden die vermeintlichen Luxusartikel nicht nur an Privatleute, sondern auch an weitere Online-Händler.

Der Angeklagte mit Dolmetscher Bahadir Aksungur beim Prozess im Kölner Landgericht
Copyright: Hendrik Pusch
300 gefälschte T-Shirts von „Hugo Boss“ und weitere Artikel verkaufte die Bande laut Anklage an einen Textilhändler für rund 12.900 Euro. Ein anderes Mal wurden 150 Pullover von „Lacoste“ und Polohemden von „Fred Perry“ veräußert, die sich später als minderwertige Plagiate herausstellten. Bezogen hatte die Bande die Fälschungen laut Staatsanwältin von einer in den Niederlanden ansässigen Firma. Teilweise habe die Kölner Bande auch aus dem niederländischen Eindhoven agiert.
Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln
- Kölner Stadtautobahn Unfallfahrer hatte Sprengsatz im Kofferraum – jetzt ist das Urteil da
- Absurder und tragischer Fall Kölnerin täuscht eigene Entführung vor und erpresst Lösegeld vom Ehemann
- Angeklagter aus Rösrath lehnt seine beiden Verteidiger ab
- Nachbarschaft terrorisiert „Der Intensivtäter unter den Intensivtätern“ vor Gericht
- Leiche in Wohnung Spektakuläre Wende in Kölner „Cold Case“ von 2011 – bisheriger Zeuge in U-Haft
- „Ich werde dich für immer lieben“ Stalking in Köln – drei aktuelle Fälle und was Betroffene tun können
- Leverkusener Kinderpornoprozess Haupttäter soll sechseinhalb Jahre in Haft
Die Ermittler sprachen von einem professionell organisierten System: Firmen wurden gegründet und wieder geschlossen, Strohmänner vorgeschoben, Konten eröffnet, auf die täglich Tausende Euro eingingen. Das Bargeld wanderte teils direkt in Immobilien in der Türkei. Bei mehreren Razzien stießen die Fahnder auf die gefälschten Kleidungsstücke. Ein Hinweis kam offenbar auch nach einem Testkauf. Ein Käufer hatte 100 T-Shirts von „Superdry“ bestellt und diese als Plagiate identifiziert.
Köln: 64-Jähriger spricht lediglich von Helfertätigkeiten
Während die mutmaßlichen Komplizen bereits in einem gesonderten Verfahren verurteilt wurden, stritt der Angeklagte im aktuellen Prozess ab, in die Bandenstruktur und den Fälscherring eingebunden gewesen zu sein. Er habe es finanziell auch gar nicht nötig gehabt, sich kriminellen Geschäften hinzugeben. Nach dem Verkauf einer Firma für Büroausstattung in der Türkei habe er etwa 10 Millionen Euro auf dem Konto gehabt und viel Geld erfolgreich in Immobilien investiert.
Auf Bitten seiner Frau sei er dann nach Deutschland gezogen und „in ein Loch gefallen“. Den Schrebergarten pflegen und das eigene Auto zu waschen, habe ihn nicht erfüllt. Er habe den späteren Hauptbeschuldigten gekannt und ihm als früherer Firmeninhaber einige Tipps gegeben. „Er war im Textilgeschäft und es lief offenbar gut.“ Der Angeklagte erklärte, von einem Handel mit echter Ware ausgegangen zu sein. Erst nach einer ersten Razzia im April 2016 habe er vom Gegenteil erfahren.
„Danach habe ich ihm geholfen, seine Geschäfte weiterzuführen“, führte der 64-Jährige aus. Die Vorwürfe datieren von 2015 bis 2017. „Ich war kein gleichberechtigter Partner“, so der Angeklagte. Er habe ausgeholfen und vielleicht mal eine Kurierfahrt übernommen. Aber sicher keine Gelder verschoben. Das Bargeld, das er aus der Türkei mitgebracht und auf sein Konto eingezahlt habe, sei sein eigenes gewesen. Er habe es, entgegen der Anklage, nicht für den Plagiatshandel verwendet.
Köln: Angeklagter soll für Schaden von 1,7 Millionen Euro haften
Die Staatsanwältin äußerte bei der Verhandlung in Saal 23 des Kölner Justizgebäudes, sich im Rahmen eines möglichen Deals bei einem vollen Geständnis eine Haftstrafe auf Bewährung vorstellen zu können. Der 64-Jährige soll auch für den Schaden von 1,7 Millionen Euro haften. Da der Angeklagte aber lediglich Beihilfehandlungen einräumt, kam eine Verständigung, die den Prozess erheblich hätte verkürzen können, nicht zustande. Es sind noch sechs Verhandlungstage eingeplant.
Abschrecken lassen sich Plagiatshändler von bekannt gewordenen Razzien und Verurteilungen offenbar nicht. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Spezialeinsatzkommando der Polizei die Wohnung eines 20-Jährigen in Kalk durchsucht. Der Mann steht im Verdacht, im „großen Stil“ einen Handel mit gefälschter Luxusbekleidung, Taschen, Parfüm und Schmuck betrieben zu haben. Auch einen Lagerraum in Porz durchsuchten die Einsatzkräfte und fanden dabei diverse gefälschte Luxusartikel.
Köln: Zoll fand riesige Menge gefälschter Markenklamotten
Ihren bis dato größten Fund in Köln machten Zollmitarbeiter vor etwa anderthalb Jahren. Bei einer Kontrolle am Zollamt Wahn wurden in einem Lkw aus der Türkei eine riesige Menge gefälschter Markenklamotten entdeckt. Laut Papieren sollte der Laster lediglich No-Name-Kleidung im Wert von 66.000 Euro transportieren – tatsächlich aber lagen hinter ein paar unverdächtigen Kartons 30.000 Shirts, Jacken und Pullover bekannter Labels wie „Hugo Boss“, „Tommy Hilfiger“ und „Moncler“.
Außerdem fanden die Beamten zehntausende Unterhosen, Handtaschen, Schuhe und Accessoires – alles Fälschungen. Wäre die Ware echt gewesen, hätte sie einen Marktwert von mehr als vier Millionen Euro gehabt. Die gefälschte Kleidung roch teilweise intensiv nach Chemie. „Wer weiß, was da alles an Farbstoffen und Chemikalien verarbeitet wurde“, sagte ein Zoll-Sprecher damals, er sah eine mögliche Gesundheitsgefährdung. Die sichergestellten Plagiate wurden allesamt verbrannt.

