Umfangreiche Brandschutzmängel wirken sich auf den Betrieb des Museums für Angewandte Kunst aus. Eine Überblick.
„Kurzfristige Schließungen möglich“Museum am Dom muss zulässige Besucherzahl halbieren

Ein Blick ins Innere des Museums für Angewandte Kunst.
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Der nächste Schock für die sanierungsbedürftigen Kölner Museen: Aufgrund von „umfangreichen Mängeln“ beim Brandschutz und Schadstoffen in der Bausubstanz sind „kurzfristige Schließungen“ des Museums für Angewandte Kunst (MAKK) in der Innenstadt „nicht auszuschließen“.
Und als Konsequenz sind in dem Museum künftig nur noch 750 Besucherinnen und Besucher statt 1500 gleichzeitig erlaubt, dazu wie bisher weitere 200 im Overstolzensaal. Allerdings hatte das MAKK aufs Jahr 2023 gesehen insgesamt 67.500 Gäste, was im Schnitt nur rund 200 bis 220 pro Tag entspricht.
Durch die Reduzierung der erlaubten Besucherzahl um 50 Prozent sowie eine Erweiterung der Brandmeldeanlage kann der Betrieb aufrechterhalten werden, „bis zum Beginn einer zeitnah erforderlichen Generalinstandsetzung“. So teilte es Kulturdezernent Stefan Charles dem Stadtrat mit.
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Das Problem daran: Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat der nötigen Generalsanierung aufgrund der „desolaten“ Haushaltslage die Priorität entzogen, obwohl seit Jahren klar ist, dass das denkmalgeschützte Gebäude von 1957 saniert werden muss. Es steht rund 300 Meter vom Dom entfernt.
Das Museum verfügt laut eigener Aussage über rund 250 000 Objekte, sie reichen vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert. Damit gehöre das Museum zu den großen Institutionen für angewandte Kunst in Deutschland. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was sind die neuen Probleme?
Der gesamte Brandschutz weist „umfangreiche Mängel“ auf. Die Stadt arbeitet sie nach und nach ab, allerdings ist das nicht bei allen Problemen möglich. Bis zu einer Generalsanierung muss die Verwaltung anders sicherstellen, dass der Betrieb erlaubt ist. Das geht aber nur durch die Halbierung der möglichen Besucherzahl und der Erweiterung der Brandmeldeanlage. Zusätzlich wurden Schadstoffe im Parkettkleber und in den Brandschutzklappen gefunden, der kurzfristige Austausch ist laut Kulturdezernat nicht umsetzbar.

Das Museum für Angewandte Kunst Köln.
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Was bedeutet das?
Dass richtige Abhilfe nur die Generalsanierung verspricht. Seit Jahren heißt es im Haushalt der Stadt Köln: „Die Bausubstanz und technischen Anlagen des Museums befinden sich in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand und müssen saniert werden.“ Doch Gelder plante die Kämmerei immer nur vorsorglich ein, vor drei Jahren beispielsweise 31,5 Millionen Euro. Es wurde nie ausgegeben. Und das verursacht zunehmend Probleme. Das Museum hat so viele Mängel, dass es laut Kulturdezernat möglicherweise unwirtschaftlich wäre, sie alle zu beheben. „Die im laufenden Betrieb umzusetzenden Einzelmaßnahmen sind erheblich aufwändiger und kostenintensiver als eine Generalsanierung des Museums. Es bedarf einer ganzheitlichen Planung unter Berücksichtigung nutzerspezifischer Handlungsbedarfe.“
Wie will die Stadt Schadstoffe entfernen, ohne das Haus zu schließen?
Ein Sprecher teilte mit: „Weil die Schadstoffe aber nur in Teilbereichen vorhanden sind, kann das ‚Schwarz-Weiß-Prinzip‘ angewendet werden. Dadurch werden nur Teilbereiche nicht nutzbar sein. Das Schwarz-Weiß-Prinzip bei der Schadstoffsanierung dient der strikten Trennung von kontaminierten (schwarz) und sauberen Bereichen (weiß).“
Besteht die Gefahr, dass das MAKK dasselbe Schicksal ereilt wie das Römisch-Germanische Museum? Das RGM musste schließen, weil der Brandschutz auslief und nicht mehr verlängert werden konnte.
Beim RGM am Dom war mehr als ein Jahrzehnt bekannt, dass das Haus von 1974 saniert werden muss. Am Ende war der Betrieb nur noch über Brandwachen aufrechtzuerhalten, also Wachleuten. Doch auch das half nichts, das RGM musste Ende 2018 schließen – ohne dass eine fertige Planung für seine Sanierung vorlag, ohne dass es ein Depot zur Auslagerung gab und ohne dass das Interim im Belgischen Haus bezugsfertig war. Ein Sprecher teilte auf die Frage, ob das dem MAKK auch droht, mit: „Aktuell besteht die Gefahr nicht, die Brandschutzmängel werden abgearbeitet und so geplant, dass dies im laufenden Betrieb geschieht – eine komplette Schließung des Museums ist derzeit nicht geplant.“
Die Stadt hat doch gerade erst die 270 Fenster des MAKK im laufenden Betrieb sanieren lassen. Warum hat sie damit nicht bis zur Generalsanierung gewartet?
Im Oktober 2023 beendete sie nach mehreren Jahren den Austausch, der knapp zehn Millionen Euro gekostet hatte. Eine Sprecherin teilte mit: „Ohne Erneuerung der gesamten Anlage, die teilweise noch aus dem Errichtungsjahr 1957 stammte, wären die Gebäudesubstanz und der Sammlungsbestand dauerhaft gefährdet gewesen. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zur Fenstersanierung war eine Generalinstandsetzung des Gebäudes noch nicht vorgesehen.“
Ist das so?
Tatsächlich hatte der Stadtrat der Fenstersanierung im Dezember 2013 zugestimmt. Eine Generalsanierung war damals wie heute zwar nicht „vorgesehen“, doch im Sommer zuvor hatte das Kulturdezernat angesichts einer viereinhalb Seiten langen Mängelliste mitgeteilt: „Gegebenenfalls könnte die Gesamtbetrachtung des Maßnahmenkonvoluts sogar zu der Einschätzung führen, dass eine vollständig investiv abzubildende Generalsanierung vorliegt, wenn die Ausführung aller Einzelmaßnahmen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgt (sog. Sanierung in Raten).“ Die damalige und heutige Museumsdirektorin Petra Heese sagte 2013: „Ich sehe natürlich die schwierige finanzielle Lage Kölns. Aber für mich ist ganz klar, dass die Stadt verpflichtet ist, die Grundstruktur für die Museen zu stellen und die Gebäude instand zu halten.“
Und was passiert mit den zehn Millionen Euro teuren neuen Fenstern, wenn das MAKK mal saniert wird? Wie schützt die Stadt sie?
Wie in der Vergangenheit beantwortet die Verwaltung diese Frage nicht oder nur ausweichend. Sie wies darauf hin, dass die Generalsanierung derzeit keine Priorität habe.
Viele der Museen sind Sanierungsfälle, die Stadt hat zu wenig Geld. Wie geht es weiter?
Das wird vermutlich der neue Stadtrat nach der Wahl am 14. September entscheiden – wenn er die Kraft dazu hat. Die Verwaltung hatte dem Rat 2022 eine Liste mit Großbauprojekten im Wert von rund acht Milliarden Euro vorgelegt, doch im Wesentlichen saß der Stadtrat das Problem aus. Reker nahm einige Entscheidungen vor, doch sie tritt nicht mehr zur Kommunalwahl an. Sie sagte im November: „Ich hatte mir erhofft, dass der Stadtrat die Entscheidungen trifft. Jetzt habe ich es eben selbst gemacht. Wir werden uns nicht alles leisten können. Es ist ein Blick auf die Realität angesagt.“
Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin hatte im Herbst 2024 im Interview mit dieser Zeitung eine mögliche Option genannt, die aber nie an Fahrt aufnahm in der politischen Diskussion: „Und die Stadt sollte eine Zusammenlegungs-Strategie für die Museen entwickeln. Den einen oder anderen Standort sollten wir infrage stellen. Es geht aber nur um die Standorte, nicht um die Museen!“ Welches Museum das treffe, wollte sie nicht sagen und forderte eine Strategie. „Das ist auch eine Frage der Effizienz. Es spart die Sanierungskosten sowie den Betrieb.“