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AfD-Kreisparteitag am SamstagKölner Ratsfraktionen wollen Schulen weiter an Parteien vermieten

Lesezeit 4 Minuten
Auch im Juni 2024 gab es eine Demonstration vor einem Kreisparteitag, damals am Gymnasium Neue Sandkaul in Köln-Widdersdorf.

Auch im Juni 2024 gab es eine Demonstration vor einem Kreisparteitag, damals am Gymnasium Neue Sandkaul in Köln-Widdersdorf.

Rechtswissenschaftler Markus Ogorek sagt, Schulen nur an die AfD nicht mehr zu vermieten, sei nicht möglich. Die anderen Ratsfraktionen wollen aber nicht auf die kommunalen Räume verzichten. 

Gegen die Mitgliederversammlung der Kölner AfD im Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Buchheim formiert sich Protest: Bei zwei Kundgebungen wurden insgesamt über 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Samstag ab 9 Uhr angemeldet, teilt die Polizei mit.

„Die Polizei Köln wird mit Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei vor Ort sein, um die Versammlungen zu schützen und Konfrontationen zwischen Meinungsgegnern zu unterbinden“, sagte ein Sprecher der Behörde. Im gesamten rechtsrheinischen Stadtgebiet könne es zu Sperrungen und Verkehrsbeeinträchtigungen kommen. Die AfD will auf dem Parteitag am 17. Mai im Erich-Gutenberg-Berufskolleg die formale Vorbereitung für die Kommunalwahl am 14. September treffen.

Zu dem Protest ruft unter anderem die Initiative „Köln stellt sich quer“ (KSSQ) auf. „KSSQ tut dies auch als Mitunterzeichnende des Briefes an die Oberbürgermeisterin gegen die Überlassung schulischer Räume an die AfD“, so die Initiative in einer Mitteilung. 14 Kölner Initiative hatten nach der Bekanntmachung, dass der Verfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ bewertet, eine Absage der AfD-Veranstaltung gefordert. Die Stadt dürfe der Partei auch sonst keine städtischen Räume mehr vermieten, forderten die Unterzeichner.

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker stimmte der Forderung auf Anfrage insofern zu, als dann aber Schulen an gar keine Parteien mehr vermietet werden sollen. Jetzt sieht sie den Rat in der Pflicht: „Den Unmut an den Schulen kann ich persönlich sehr gut nachempfinden. Ich fände es daher gut, wenn der Rat insoweit seine Meinung ändern würde und zumindest Schulräume aus der Vermietung für Parteiveranstaltungen ausgenommen werden könnten.“

Kölner Initiativen und Parteien fordern, keine Schulen mehr an die AfD zu vermieten

Nicht nur die AfD mietet Schulen für Parteiveranstaltungen. Sie gelten als vergleichsweise günstige Räume. Eine Abfrage unter den Fraktionen des Stadtrats hat ergeben, dass es für Rekers Vorschlag keine Mehrheit gibt. Eva Caspers, sie vertritt die Linke im Schulausschuss des Stadtrats, befürwortete Parteiveranstaltungen an Schulen sogar als „sinnvoll“: „In Schulen soll demokratische Meinungsbildung vorgelebt werden.“ Manfred Richter, Ordnungspolitischer Sprecher der Grünen, sagte: „Wir finden ein generelles Verbot von Parteiveranstaltungen in öffentlichen Räumen schwierig – Schulen und Bürgerzentren sind Orte der Begegnung, die eine funktionierende Demokratie braucht.“

Ähnlich äußerten sich auch CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau – „Demokratische Parteien sollen auch künftig Zugang zu öffentlichen Räumen haben“ – und SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten. Die Ratsfraktionen forderten jedoch, dass nur die AfD „aus den Schulen herausgehalten wird“, so Joisten. Demokratie könne nur mit Demokraten gelingen. „Rechtsextremisten darf deshalb kein Raum geboten werden, ihre menschenfeindlichen Parolen an unseren Schulen zu verbreiten.“

FDP-Fraktionsvorsitzender und OB-Kandidat Volker Görzel spricht sich zwar ebenfalls gegen Rekers Vorschlag aus, Schulen generell nicht mehr an Parteien zu vermieten, will aber die AfD nicht gesondert behandeln: „Wer Schulräume für eine Partei sperrt, sperrt sie letztlich für alle“, sagte er, das könne nicht das Ziel sein. „Die Oberbürgermeisterin hat eine populäre Position bezogen“, sagte Görzel, „eine solche Haltung ist nachvollziehbar – aber eben auch sehr bequem.“

Christer Cremer, Vorsitzender der Kölner AfD, sagte: „Ich kann nicht verstehen, warum Schulen für Parteitage gesperrt werden sollen. Diese sind essentiell für das Funktionieren unserer Demokratie.“ Es sei „immer einfach“ gewesen, dort Räumlichkeiten zu bekommen. Das sei der Grund, wieso sich die Partei „in erster Linie“ für diese Räume entschieden habe. Cremer sagte, sollte die AfD nicht mehr in Schulen Veranstaltungen abhalten dürfen, erwarte er Alternativangebote.

Experte für Staatsrecht unterstützt Argumentation der Stadtverwaltung

Sowohl Stadtdirektorin Andrea Blome als auch Dörte Diemert, Dezernentin für Finanzen und Recht, hatten am Montag vor einer Woche im Hauptausschuss auf den Gleichbehandlungsgrundsatz für Parteien hingewiesen. Diese Einschätzung teilt der Kölner Staatsrechtsprofessor Markus Ogorek. Er sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ein Ausschluss nur der AfD als Mieter von Schulräumen ist nicht möglich.“

Markus Ogorek ist seit 2020 Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Universität zu Köln.

Markus Ogorek ist seit 2020 Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Universität zu Köln.

Der Stadtrat hat vorigen Oktober den Nutzungsbedingungen von Schulräumen eine Extremismusklausel hinzugefügt, die eine Vermietung ausschließt, wenn die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass etwa extremistisches, rassistisches oder antisemitisches Gedankengut dargestellt oder verbreitet wird. Und die Hürde nachzuweisen, dass auf einer Veranstaltung voraussichtlich eine Straftat begangen wird, ist laut Ogorek sehr hoch.

Die Erklärung: Parteien sind ihrer Rechtsform nach Vereine, denen nach Artikel 21 im Grundgesetz aber mehr Rechte zustehen, unter anderem Parteienfreiheit und die Parteiengleichheit. „Solange eine Partei nicht verboten wurde, dürfen staatliche Stellen sie nicht mit der Begründung diskriminieren, dass sie verfassungsfeindlich oder -widrig seien.“

Die neue Einstufung der AfD des Bundesamts für Verfassungsschutz ändere daran nichts, auch wenn ihre momentane Suspendierung wieder aufgehoben werden sollte. Er sagte: „Indem man an dieser Stelle die AfD schützt, schützt man auch sich selbst, wenn andere an der Regierung sind.“