Dass die Stadt Köln einem privaten Sammler ein Denkmal in Form eines Museums setzt, war 1976 umstritten. Nun blickt Ludwig-Direktor Dziewior auf die Höhepunkte des Jubiläumsjahrs 2026.
„Für so einen Platz sofort“50 Jahre Museum Ludwig – Ohne Sponsoren geht es nicht

Dieses von Erasmus Schröter abgelichtete „Paar auf einem Maskenball“ (1980) wird 2026 im Museum Ludwig gezeigt.
Copyright: Nachlass Erasmus Schröter
Es war einmal, an einem Tag in den sorgenfreien Siebzigern. „Die Stadt ist an uns herangetreten: Sie haben all die Leihgaben hier, schenken Sie uns doch was. Sagten wir: Köln gefällt uns gut. Warum nicht? Ja, wir tun auch was. Was tun Sie denn? Wir bauen ein Museum. Ich sag‘: Donnerwetter! Wo denn? Ja, hier, zwischen Dom und Rhein – auf diesem Omnibusparkplatz. Ich sag‘: Herr Hackenberg, Sie reden noch mit mir? Ist schon geschenkt, ist schon geschenkt. Ich sag‘: So einen Platz gibt's überhaupt nicht mehr auf der Welt. Für so einen Platz sofort!“
So erinnerte sich Peter Ludwig an die Geburtsstunde des nach ihm und seiner Ehefrau Irene Ludwig benannten Kölner Museums, das 1976 mit einem feierlichen Schenkungsvertrag geistige Gestalt annahm und 1986 als wirkliches Gebäude eröffnet wurde. Der „Herr Hackenberg“ aus dem schönen Ludwig’schen Märchen war in den Siebzigern in Köln Kulturdezernent und lockte das Sammlerehepaar mitsamt seiner berühmten Pop-Art-Sammlung erfolgreich nach Köln – so viel an der Geschichte ist wahr. Über das „Donnerwetter“, das sich drumherum abspielte, schwieg sich Ludwig höflich aus.
Wenn sie wissen wollen, wie die Wirklichkeit aussieht, fahren sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Dass die Stadt Köln einem privaten Sammler ein Denkmal in Form eines Museums setzt, war vor 50 Jahren durchaus umstritten – und selbst zur Eröffnung gab es noch reichlich Gemurre über das angeblich schlechte Tauschgeschäft Kunst gegen Steine. Heute sieht man das längst anders, weshalb das Museum Ludwig mittlerweile keine Gelegenheit mehr auslässt, seine Gründung, seine Stifter und sich selbst zu feiern. 2016 wurden 40 Jahre Schenkungsvertrag mit der selbstbezüglichen Sonderschau „Wir nennen es Ludwig!“ begangen, 2026 folgt zum vollendeten halben Jahrhundert eine von zwei mutmaßlichen Blockbuster-Ausstellungen gerahmte Party für die Stadtgesellschaft.
Alles zum Thema Kölner Dom
- Streifengänge, Sperrungen, Verbote Polizei rüstet sich für die Silvesternacht – Mehrere hunderte Beamte im Einsatz
- „Für so einen Platz sofort“ 50 Jahre Museum Ludwig – Ohne Sponsoren geht es nicht
- Satirischer Wochenrückblick Alle Zeit der Welt zwischen den Jahren
- Brot, Schmuck, Anzüge Auf diese Traditionsgeschäfte kann sich Köln verlassen
- Zwischenfall im Kölner Dom Kölner Model beschreibt „beängstigende Situation“ bei Gottesdienst
- Sperrzonen in Köln Hier ist an Silvester das Abstellen von Leihrädern und E-Scootern verboten
„Am 13. September“, sagt Ludwig-Direktor Yilmaz Dziewior, „wollen wir mit allen Kölnerinnen und Kölnern zusammen feiern. Dann gibt es eine große Torte, Führungen, Konzerte, Workshops und das bei freiem Eintritt. Wir wollen der Stadtgesellschaft deutlich vermitteln, dass wir ein städtisches Museum sind und für sie da sind.“ Wenn dieses Fest steigt, ist ein anderes bereits weitergezogen: Am 14. März wird die Wanderausstellung „Yayoi Kusama“ im Ludwig eröffnet, der sichere Höhepunkt des gesamten Kölner Ausstellungsjahrs, das die japanische Ausnahmekünstlerin mit einer üppigen Auswahl ihrer Werke und gleich mehreren ihrer berühmten Spiegelräume vorstellt.

Yayoi Kusama bei der Arbeit an „My Eternal Soul“. Das Kölner Museum Ludwig zeigt ihr Werk ab März 2026.
Copyright: Yayoi Kusama
„Die Kusama-Ausstellung passt zu uns als Haus der Pop-Art“, so Dziewior. „Kusama gehörte in den 1960er Jahren zur New Yorker Kunstszene, sie kannte Warhol und wird kunsthistorisch für einen gewissen Moment eben auch als Teil der Pop-Art gelesen. Zugleich war sie in Happenings und Fluxus involviert, sie vertrat eine feministische Position und hatte sogar ein eigenes Mode-Label. Außerdem können wir die Pop-Art mit ihr aus einer japanischen Perspektive vermitteln, das finde ich interessant. Die Ausstellung wird riesig, mit mehreren Infinity-Räumen, und bis ins Foyer überschwappen.“ Und sie wird einen Bogen zu den Ludwigs schlagen: Das einzige Kusama-Werk der Sammlung, ein buntes „Triebmobiliar“ aus wuchernden Stoffwülsten, kam 1976 als Teil der Gründungsschenkung nach Köln.
Mit der zweiten großen Sonderausstellung des Jubiläumsjahres, „Along the Color Line – Perspektiven einer transatlantischen Moderne“ (ab 3. Oktober), begibt sich das Ludwig mitten in die Sammlungsgeschichte der Ludwigs. „Wir sind europaweit das Haus mit der wichtigsten Sammlung nordamerikanischer Nachkriegskunst“, sagt Dziewior. „In ‚Along the Color Line‘ schauen wir, welche amerikanischen Positionen, die eine wichtige Stimme in dieser Zeit waren, nicht in unserer Sammlung sind. Wir versuchen zu ergründen, warum das so ist, und wie wir das ändern können.“ Es gehe um die blinden Flecken der Sammlung, um künstlerische Bewegungen wie Harlem Renaissance.

Himid Lubainas „Le Rodeur“ ist in der Ausstellung „Along the Color Line“ im Museum Ludwig zu sehen.
Copyright: Himid Lubaina
Waren die Ludwigs auf diesem Auge blind? Für Dziewior liegen die Probleme tiefer. Die Ludwigs hätten schwarze Künstler damals zwar nicht im Blick gehabt, sagt er. „Aber sie waren damit nicht allein, denn auch das Metropolitan und viele der andere New Yorker Institutionen haben sich Jahrzehnte lang nicht mit diesen Künstlerinnen und Künstlern beschäftigt. Das ist einfach eine strukturelle Vernachlässigung – und auch eine Klassenfrage. Es gab nur sehr, sehr wenige Galerien, die Kunst von Schwarzen ausgestellt haben. Das zog sich dementsprechend fort in den Institutionen. Peter und Irene Ludwig haben diese Kunst gar nicht in den Galerien entdecken können, weil sie dort so gut wie nicht zu sehen war.“
Für Dziewior ist die Erweiterung unseres Blickfelds mehr als eine kunsthistorische Anstrengung. „Wir wollen stärker die Wirklichkeit abbilden“, sagt er. „Wenn sie wissen wollen, wie diese aussieht, fahren sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Welt und gerade Köln ist viel diverser, als man das in seiner Bubble erlebt. Und das versuchen wir, mit dem Programm zu spiegeln.“ Diese Perspektive zeigt sich auch in den kleineren Ausstellungen des kommenden Jahres, wie der Präsentation zum südkoreanischen Wolfgang-Hahn-Preisträger Lee Ufan (ab 7. November) oder in der Fotografieschau „Zweimal Deutschland um 1980“, die Bilder aus West- und Ostdeutschland nebeneinanderstellt.
Ohne diese Sponsoren könnten wir es de facto nicht machen
Allerdings wird es angesichts der Haushaltslage der Stadt auch für das Museum Ludwig nicht leichter, Kunstfeste zu feiern. Das städtische Budget für Sonderschauen reiche „gerade für das Wachpersonal, das die jeweiligen Wechselausstellungen bewacht“, so Dziewior. „Alles, was darüber hinausgeht, müssen wir selbst erwirtschaften.“ Umso glücklicher sei er, dass sein Haus für das Jubiläumsjahr, „in dem wir natürlich repräsentative und große Ausstellungen machen wollen, großartige Unterstützerinnen und Unterstützer“ gefunden habe. „Ohne diese Sponsoren könnten wir es de facto nicht machen.“
In die Liste der Ludwig-Sponsoren ist entsprechend viel Kreativität geflossen. Neben dem altbewährten „Leading Partner“, der Peter und Irene Ludwig Stiftung, gibt es 2026 mit dem Immobilienentwickler OSMAB auch einen neuen „Zukunftspartner“ und mit der städtischen Rheinenergie einen „Jubiläumspartner“. Außerdem dabei: ein „Vermittlungspartner“, drei „Superior Partner“ sowie jeweils ein „Supporting Partner“, „Classic Partner“ und „Hotel Partner“. Seit Jahren gehört diese Partnersuche nicht nur in Köln zum Tagesgeschäft eines städtischen Museums; die Pressekonferenzen im Ludwig finden aber wohl weiterhin nicht vor Wänden mit Sponsorenlogos statt.
Das „Schultze-Project“ des Ludwig ist noch nach einem Künstler benannt, dem Maler Bernard Schultze (und seiner Ehefrau Ursula Schultze-Bluhm). Um an sie zu erinnern, lädt das Museum Künstler ein, die Stirnwand im Treppenhaus mit einem monumentalen Werk zu schmücken. Aber auch hier macht sich die Haushaltslage bemerkbar. Eigentlich, so Dziewior, sollte das „Schultze-Project“ alle zwei Jahre das Kunstwerk wechseln. „Aber wir sind, im Vergleich zu anderen Museen mit vergleichbarem Renommee und Anspruch, ein sehr kleines Team. Deshalb haben wir uns gesagt: Wir machen es alle drei Jahre.“ Ab 18. Juli ist die deutsche Malerin Jana Euler an der Reihe, das Kölner Museumsmärchen fortzuschreiben.

