Gipfeltreffen der Weltstars: In der Kölner Philharmonie traten der Pianist Lang Lang und die Opernsängerin Cecilia Bartoli gemeinsam auf.
Kölner PhilharmonieCecilia Bartoli und Lang Lang als Dreamteam

Cecilia Bartoli
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Wenn zwei Weltstars eine Gipfelbegegnung feiern, muss es nicht immer gutgehen. Das ist in der Politik genauso wie in der Kunst. Cecilia Bartoli und Lang Lang als Dreamteam – kann das funktionieren? Ja, es funktioniert offenkundig ganz ausgezeichnet, wie jetzt der von beiden gestaltete Auftritt in der Kölner Philharmonie zeigte. Dass das nicht selbstverständlich ist, legt ein Blick auf die Agenda nahe: Im ersten, barockzentrierten Teil musste sich der Pianist immer wieder als Generalbasslieferant betätigen. Da könnte sich ein Lang Lang leicht unterfordert und benachteiligt fühlen. Das war indes erkennbar nicht so – der chinesische Tastengigant begab sich, nicht nur hier, anstandslos in die vorgesehen dienende Rolle, durchaus auch ohne die Ambition, diese spektakulär aufzubrezeln.
Markante Phrasierungen und genau herausgespielte Bassfiguration zeigten freilich immer wieder, dass auch eine Begleitung Profil gewinnt, sobald da ein Meister am Werk ist. Mit eindringlich absolvierten, wenn mitunter auch leicht ins Gesucht-Preziöse langenden Solo-Einlagen – darunter Schuberts Ges-Dur-Impromptu und Debussys „Clair de Lune“ – kam Lang Lang dann auch so noch auf seine Kosten. Das kleinteilige Gesangsprogramm, das im ausverkauften Konzertsaal serviert wurde – zunächst italienisches 18. Jahrhundert, nach der Pause dann Französisches und Italienisches zwischen Belcanto und Verismo – war ganz nach dem Herzen eines populären Klassik-Geschmacks, es hätte auch gut in die Lanxess-Arena gepasst. Zwischen Händels „Lascia la spina“ und Puccinis „O mio babbino caro“ rollten also in extremer stilistischer Spreizung viele sprichwörtliche Perlen durch die Philharmonie.

Pianist Lang Lang
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Dass der Flügel zuweilen das Orchester ersetzen musste, schlug dabei kaum negativ zu Buche – nicht nur wegen Lang Langs souveräner Darstellungskunst, sondern auch, weil die allermeisten Stücke tatsächlich im Original für Singstimme und Klavier komponiert sind. Inhaltliche Kohäsion war bei all dem weniger gefragt, vielmehr wurde der Sängerin bis in die drei Zugaben hinein weidlich die Chance geboten, mit ihrer in der Tat eindrucksvollen Vielseitigkeit zwischen Buffa und Seria, großer Arie und Schmonzette, Oper und Salon, Walzer und Habanera zu brillieren.
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Bartoli ist nach wie vor ein Phänomen ohnegleichen, am besten wohl zu beschreiben als ein Gesamtkunstwerk, das den optischen Appeal – zwei leuchtende Roben in Rot und Grün – mit der spontan-sturmwindartigen Herzlichkeit des Auftritts und eben großer Gesangsartistik verbindet. Die Stimme mag inzwischen den Jahren Tribut zollen, aber sie füllt immer noch auch im ganz Leisen mit großer Intensität den Raum. Und wie sie in Rossinis „Una voce poco fa“ ihre Koloraturen rollen lässt, das ist imposant genug und dürfte niemanden so schnell veranlassen, Altersrabatt zu gewähren. Das Vibrato mag sich verstärkt haben, wird aber im Wesentlichen immer noch in den Dienst der künstlerischen Aussage gestellt. Die Registerverblendung zwischen der dunkel-verführerischen Altlage und der Sopranhöhe funktioniert tadellos, und wenn sich da im Rollenspiel ein Graben auftut, dann steckt auch dahinter eine in der Sache begründete Absicht.
Bartoli kann sich ungemein anrührend zurücknehmen, aber gerade bei Rossini, in Bizets amüsanter Käferszene („La Coccinelle“) und anderen Miniaturen lässt sie, teils mit Kastagnetten und Tamburin, temperamentvoll und suggestiv die komödiantische Rampensau raus. Da tobt dann der Saal – zu Recht. Nicht alles gelang gleich gut: Gelegentlich neigt Bartoli wie ihr Begleiter zum Erlesen-Preziösen, auch zur Ostentation, wie gut sie singen kann. Da wird dann, etwa in „Lascia la spina“, der Frühform von „Lascia, ch´io pianga“, jeder Ton wie ein Edelstein präsentiert. Das gefährdet, bei eh schon sehr langsamem Tempo, die Vokallinie, die gerade durch ihre Schlichtheit zu Tränen zu rühren vermag. In solchen Augenblicken erreicht Bartoli nicht ganz jene Stufe, auf der sie wie nur wenige andere ansonsten steht: wo höchste Kunst zu zweiter Natur geworden ist.
