Ein Haus in der Hardenbergstraße diente als Unterschlupf. Das Problem: Die Polizei fand dort einen sehr teuren, gestohlenen Mercedes.
ProzessMann versteckt sich in Leverkusen, um der Abschiebung zu entgehen

Sehr emotional wurde es am Freitag im Kölner Landgericht, als dort ein Leverkusener Urteil überprüft werden sollte.
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„Ich wollte mich nur verstecken.“ Die Beteuerung des Angeklagten änderte nichts: Der 41 Jahre alte Mann, der in Cagliari geboren war, aber zu einer Roma-Familie mit Wurzeln in Montenegro gehört, bleibt im Gefängnis. Und soll im Herbst abgeschoben werden. In ein Land, in das er keine Verbindung hat und in dem er keine Perspektive sieht. Erst recht nicht, weil seine gesamte Familie in Deutschland ist, auch seine fünf Kinder. Das jüngste ist gerade elf Monate alt und zieht am Freitag in Saal 213 des Kölner Landgerichts immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Seinen Vater hat das Kind bisher kaum gesehen: Der ist seit Monaten im Rheinbacher Gefängnis. Es gibt diverse Vorstrafen. Deshalb macht Verteidiger Marcus Palm beinahe den Eindruck, als sei er ein Freund der vielköpfigen Familie.
In Köln sollte ein Urteil des Leverkusener Amtsgerichts überprüft werden. Es hatte den Mann vor einem guten halben Jahr zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, wegen Beihilfe zur Hehlerei: Auf dem Hof des Hauses an der Hardenbergstraße in Küppersteg, das der Angeklagte angemietet hatte, fand die Polizei am 24. Mai vorigen Jahres einen Mercedes AMG C 43, der kurz zuvor bei einem Händler in Oberhausen gestohlen worden war. Die Mercedes-App hatte es dem Besitzer erlaubt, den Wagen zu orten und die Polizei auf das richtige Grundstück in Leverkusen zu führen. Dort war der Wagen in einer Garage versteckt worden.
Blanko-Plaketten auf dem Tisch
Im Bungalow des Angeklagten fanden die Beamten Blanko-Exemplare der grünen Umweltplakette, im größeren Haus nebenan Blanko-Zulassungsbögen und Blanko-Kennzeichen. Deutliche Hinweise darauf, dass in dem Haus Autos verschoben werden sollten und der teure Mercedes dafür ein Beispiel war.
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Mit diesem kriminellen Business habe er aber nichts zu tun, sagte der Angeklagte: „Das ist 100 Prozent hinter meinem Rücken gelaufen.“ Im Haupthaus, in dem er sich als Bewohner des Bungalows auf demselben Grundstück nur gelegentlich aufgehalten habe, hätten andere Leute gewohnt. Der Hehlerei bezichtigen wollte er auch sie nicht. Die Erklärung für den neuen Benz sei ein An- und Verkaufsgeschäft eines Bekannten gewesen.
Flucht aus dem offenen Vollzug
In Schwierigkeiten brachte den Angeklagten allerdings, dass nur er als Untermieter des gesamten Anwesens an der Hardenbergstraße auftaucht: Einen förmlichen Mietvertrag gab es nicht – aber ein Foto seines Ausweises. Das reichte dem Vermieter, der das Haus wiederum von einem Küppersteger Geschäftsmann gemietet hatte. Und das reichte auch dem Angeklagten, der auf keinen Fall offiziell irgendwo auftauchen wollte: Er war aus dem offenen Vollzug getürmt; denn auch im Mai 2024 drohte ihm schon die Abschiebung.
In dem Unterschlupf in Küppersteg unweit der B 8 sei er von seiner großen Familie besucht worden, erklärt er. Ganz billig war das Versteck übrigens nicht: Für zwei Wochen rief der Hauptmieter 700 Euro für den kleinen Bungalow auf; das gesamte Anwesen sollte 4500 Euro im Monat kosten, geht aus den Gerichtsakten hervor. Mit Blick auf die anderen Bewohner nährte das den Verdacht, dass die Miete durch Hehlerei aufgebracht werden sollte.
Aber das war nur ein Nebenaspekt: Allein die Blanko-Umweltplaketten auf dem Wohnzimmertisch des Angeklagten reichten den Leverkusener Richtern, den Mann wegen Beihilfe zur Hehlerei zu verurteilen. Nicht eben günstig wirkte sich auch aus, dass er seit 25 Jahren immer wieder verurteilt wurde: Mal war er ohne Führerschein unterwegs, aber auch Einbrüche und Diebstähle gehörten zum Repertoire.
Als sich abzeichnete, dass auch die Kölner Richter das Urteil ihrer Leverkusener Kollegen für nachvollziehbar halten, wurde Verteidiger Marcus Palm emotional. Die Berufungsverhandlung war für ihn nur noch „ein Kasperletheater“. Am Ende war er derart aufgebracht, dass er die Berufung gegen das Urteil aus Opladen sogar zurückzog. Sein Mandant bleibt im Gefängnis. Im September soll er nach Montenegro abgeschoben werden.