Nach 31 Jahren im Stadtrat, 24 davon als Fraktionsvorsitzende der Grünen, verlässt Roswitha Arnold das Gremium.
Abschied aus dem Leverkusener RatRoswitha Arnold: „Ich werde nicht leise werden“

Roswitha Arnold ist stolz auf die Neue Bahnstadt Opladen.
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Kultur und die Entwicklung der Neuen Bahnstadt Opladen. Das sind die großen Herzensthemen, auf die Roswitha Arnold nach mehr als drei Jahrzehnten im Leverkusener Stadtrat zurückschaut. Wie weh tut es da, dass ausgerechnet der Kulturhaushalt herhalten musste, um die Gütergleisverlegung und damit die Entstehung des neuen Stadtviertels zu ermöglichen?
„Ich war ja dabei und habe das mit entschieden“, sagt Arnold heute. Auch damals war Leverkusen in einem Haushaltssicherungskonzept, irgendwo musste jährlich eine Million für die Gütergleisverlegung eingespart werden. Letztlich blieb nur der Kulturetat, und Arnold willigte ein.
Ich bin eher eine Lösungsfinderin als eine Problembenennerin – und dazu Rheinländerin
„Das ist vielleicht ein gutes Beispiel, dass man in der Politik häufig auf Interessenkonflikte stößt“, sagt sie rückblickend. Dass es darum gehe, Kompromisse zu schließen, ohne dogmatisch auf einer Position zu verharren. „Ich bin eher eine Lösungsfinderin als eine Problembenennerin – und dazu Rheinländerin“, sagt Arnold über sich selbst. An irgendwelchen Stellschrauben könne man doch immer drehen, ohne das große Ganze infrage zu stellen.
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Dass nicht alle Versprechen eingehalten wurden, schmerze sie schon. Die versprochenen Sponsoren für die Kultur waren schnell wieder weg, aus sieben Jahren Etatkürzung wurde eine unbestimmte Zeit. Aber was in der Neuen Bahnstadt geschaffen wurde, darauf ist sie stolz. „Wir haben einen neuen Ort entwickelt, wo ganz viel passiert: Wohnen, Leben, Arbeiten, Kultur. Das ist großartig gelungen.“ Dennoch macht sie sich auch heute weiter Sorgen um die Kultur, vor allem das Museum Morsbroich und das Junge Theater liegen ihr am Herzen. „Wenn da die Axt angelegt werden soll, kann ich echt böse werden.“
Ziehvater Klaus Wolf
In die Politik geführt haben die Tochter aus einem einfachen Arbeiterhaushalt weder die Kulturpolitik, noch die großen Umweltthemen der damals jungen Partei. Als die Grünen zum ersten Mal im Bundestag vertreten waren, habe sie eine Debatte im Fernsehen gesehen. „Dass auf einmal Frauen im männerdominierten Bundestag für ihre Rechte einstanden, das hat mich echt angefixt.“ Dann habe sie erst mal bei der SPD angerufen, aber nur eine „relativ lapidare Antwort“ bekommen. Die Grünen dagegen luden sie direkt zur nächsten Fraktionssitzung ein.
Als ihren „politischen Ziehvater“ bezeichnet sie Klaus Wolf. Schon bevor er der erste grüne Bürgermeister Deutschlands wurde, habe seine Leidenschaft für Positionen und Argumente sie fasziniert. „Er konnte seine eigene Position stärken und gleichzeitig die Fäden zusammenhalten. Das hat mich ziemlich beeindruckt.“ Im Zentrum stand für sie immer die Frage: „Wie gestalten wir Gesellschaft?“ Bei den Grünen habe man sich immer über politische Themen streiten, aber dennoch Freunde bleiben können.
Sorge um die Debattenkultur
Eine Kultur, die im Leverkusener Stadtrat ziemlich aus der Mode gekommen ist. Auch ein Grund dafür, dass Arnold nach 31 Jahren im Stadtrat und 24 davon als Fraktionsvorsitzende nicht noch einmal kandidiert? „Ich bin überzeugt davon, dass Demokratie auch heißt, loszulassen“, sagt sie etwas kryptisch. Aber ja, sie sei schon besorgt, wie sich das politische Gebaren verändert hat. Wie Einzelinteressen immer mehr in den Blickpunkt geraten, Diskussionen zerfasern, die Demokratie ausgehöhlt wird. Eben nicht gemeinschaftlich irgendwas gedreht wird, um das große Ganze zu retten. „Das macht mir ziemliche Sorgen, vor allem vor dem Hintergrund des Zustands der Gesellschaft.“
Ihr war immer wichtig, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen, das sei ihr noch einmal klar geworden, als sie vor 20 Jahren an Krebs erkrankte. „Da verliert man seine Unbefangenheit. Und wenn ich heute sage: ‚Das Leben ist schön‘ – dann sage ich auch, ich will es auch schön haben.“ Und sich dafür einsetzen und kein Blatt vor den Mund nehmen. Ob das in politischen Gremien geschieht, das müsse die neue Fraktion entscheiden. „Aber ich bin ja nicht tot und ich werde auch nicht leise werden“, kündigt Arnold an.