Für FC-Sportchef Christian Keller wird die Herausforderung auch nach dem vollendeten Aufstieg nicht kleiner. Der Kölner Kader steht vor einem Umbruch.
1. FC Köln im SaisonfinaleChristian Keller sucht nach Qualität und Führungsstärke

Thomas Kessler, Leiter Lizenz beim 1. FC Köln, und Geschäftsführer Christian Keller müssen einen neuen Kader zusammenstellen.
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Wer den aktuellen Kader des 1. FC Köln auf seine Bundesligatauglichkeit überprüfen will, braucht sich nur die Mannschaft anschauen, mit der die Kölner am letzten Spieltag der Saison 2023/24 in Heidenheim aus der Erstklassigkeit stürzten. Neun von elf Profis der damaligen Startelf stehen noch heute im Kölner Kader, nur Jeff Chabot (nach Stuttgart) und Faride Alidou (mittlerweile in Kaiserslautern) verließen den FC nach dem Abstieg.
Von den fünf Spielern, die Trainer Timo Schultz damals einwechselte, spielen ebenfalls drei nach wie vor beim FC. Wie sich diese Gruppe am 18. Mai 2024 in Heidenheim schlug, ist unvergessen: Zwar hatte der FC trotz einer indiskutablen Saison auch am letzten Spieltag noch eine Restchance auf den Klassenerhalt. Verspielte diese aber schnell. Nach 36 Minuten lag Köln 0:3 zurück. Und weit und breit war kein FC-Spieler zu sehen, der die Führungsqualitäten besessen hätte, sich gegen den Untergang zu wehren.
1:4 endete das Spiel, Heidenheim qualifizierte sich für die Conference League, an der im Jahr davor noch der FC teilgenommen hatte. Es war der vorläufige Tiefpunkt des sportlichen Niedergangs, den die Kölner mit einem drastischen Sparkurs begonnen hatten und der dann aus dem Ruder gelaufen war.
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Gerhard Struber scheint keine besondere Bindung zum 1. FC Köln zu entwickeln
In der Zweiten Liga haben die Kölner nun mit einem Kader, der also grundsätzlich für die Bundesliga gedacht war, die Hinrunde ordentlich bestritten und sogar als Herbstmeister abgeschlossen. Und auch die Rückrunde läuft zumindest der Tabelle nach erträglich: Der FC ist Erster, vier Punkte vor dem Relegationsplatz. Hat aber zum Beispiel 20 Tore weniger erzielt als der HSV auf Platz 2.
Am Sonntag erlebten die Kölner beim 0:1 in Hannover vor 15.000 mitgereisten Fans zudem ihre bereits neunte Saisonniederlage. Als sie in der Saison 1999/2000 erstmals in die Bundesliga zurückkehrten, standen insgesamt nur sieben Pleiten. 2002/2003 waren es fünf, von denen der FC vier erst an den letzten Spieltagen erlitt, als der Aufstieg bereits feststand. 2004/05 waren es wieder sieben, 2007/08 holperte man sich unter Christoph Daum zurück in die Bundesliga, stieg mit nur 60 Punkten als Dritter auf – und verlor doch nur acht Spiele.

Die Kölner Mannschaft mit Trainer Gerhard Struber nach dem enttäuschenden Auftritt in Hannover
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2013/14 wurde Köln nur viermal geschlagen, 2019 setzte es dann neun Pleiten – nach der achten entließ Armin Veh damals Cheftrainer Markus Anfang, obwohl der mit 60 Punkten nach 31 Spielen praktisch uneinholbar Tabellenführer war. Doch acht Niederlagen waren zu viele, Veh sah damals nichts, was darauf hindeutete, dass der Trainer die Euphorie entfachen könnte, ohne die ein Aufsteiger kaum Chancen auf den Klassenerhalt hat. „Trotz der nach wie vor guten Ausgangslage gab es einen negativen Trend. In dieser Phase der Saison war es deshalb notwendig, etwas zu verändern“, teilte Veh damals mit.
Nun ist die Lage ähnlich verfahren. Trainer Gerhard Struber hat mehrfach bewiesen, dass er eine Mannschaft taktisch prägen kann. Seine Umstellungen im vergangenen Herbst verringerten zwar den fußballerischen Anspruch, verbesserten aber die Punktausbeute. Dennoch scheint der Österreicher weder nach innen noch nach außen eine besondere Bindung zum Klub zu entwickeln. Für seinen Fleiß und seine Kompetenz ist Struber zwar geachtet. Aber die Stärke, in einer schwierigen Erstligasaison dem Druck standhalten zu können, sieht man ihm noch nicht an.
Trotz der nach wie vor guten Ausgangslage gab es einen negativen Trend. In dieser Phase der Saison war es deshalb notwendig, etwas zu verändern
Dabei läuft längst die Personalplanung für die neue Saison. Sportchef Christian Keller wird in diesem Sommer eine weitere Chance erhalten, es wird seine letzte sein, jedenfalls in Köln. Als er vor drei Jahren zum FC kam, investierte er viel Geld in Steffen Tigges, Sargis Adamyan und Luca Kilian. Günstiger waren Eric Martel, Linton Maina und Denis Huseinbasic, die unter Kellers Verantwortung letztlich verpflichtet wurden, teils nach längerem Scouting. Im Winter kam damals noch Davie Selke. Den ließen die Kölner aber nach dem Abstieg zum direkten Konkurrenten HSV ziehen, ohne einen Ersatz zu haben, wo er auf bislang 20 Saisontore kommt.
Es folgte ein Transfersommer, der bereits geprägt war durch die erst spät ausgesetzte Transfersperre, die dann im Winter bestätigt wurde und bis zum Beginn dieses Jahres galt. In diesem Winter legte Köln dann groß nach: Joel Schmied, Imad Rondic und Jusuf Gazibegovic kamen für einen mittleren siebenstelligen Betrag. Gazibegovic überzeugte zwar nicht vollends, deutete aber Potenzial an, ehe er sich nach neun Ligaspielen für den FC schwer verletzte. Schmied dagegen hat zuletzt zweimal nacheinander keine Minute gespielt, ist hinter Timo Hübers, Dominique Heintz und dem genesenen Julian Pauli nur noch Innenverteidiger Nummer vier.
Imad Rondic hat nach mehreren befremdlichen Auftritten und seiner Auswechslung zur Pause in Fürth ebenfalls zuletzt zweimal nur auf der Bank gesessen. In der Zweiten Liga.
Für die Zeit nach einem Aufstieg wird Köln also nicht nur fußballerische Qualität hinzunehmen müssen. Auch Führungsqualität ist dringend gefragt. Allerdings ist davon wenig zu sehen, nach dem Abstieg konnte der FC wegen der Transfersperre keine Erneuerung herbeiführen, musste stattdessen Bestandsspielern deutlich mehr bezahlen als die ausgemachten Zweitligakonditionen. Dennoch haben die Kölner ihren Sparkurs fortgesetzt. Sie beschäftigen zwar den auf dem Papier wertvollsten Kader der Liga. Doch ihre Aufwendungen dafür liegen zum Teil unter denen der Konkurrenz. Hertha BSC etwa soll rund fünf Millionen Euro mehr ausgeben als Köln.
Maina mit Keller in gutem Austausch – PSV Eindhoven beobachtet Damion Downs
Allerdings ist man nach den Jahren der Sanierung auch in Köln wieder bereit, Geld in die sportliche Wettbewerbsfähigkeit zu investieren. So soll Dejan Ljubicic ein Angebot des FC vorliegen, das ihm mehr als zwei Millionen Euro Jahresgehalt einbrächte. Doch der Österreicher gilt als Abschiedskandidat, Dinamo Zagreb soll die besten Chancen haben. Tim Lemperle hat seinen Abschied bereits mitgeteilt. Mit Linton Maina steht Keller dagegen in gutem Austausch. Der Flügelstürmer, der in der Bundesliga zwar enttäuschte und in 31 Spielen nur einmal traf, hat in der Zweiten Liga zehn Vorlagen geliefert und gilt als einer der Anführer im Kölner Team.
Damion Downs ist ein weiterer Profi, auf den die Kölner nach dem Aufstieg bauen wollen. Der 20-Jährige hat in der Zweiten Liga eine beachtliche Trefferquote. Allerdings hat er längst das Interesse anderer Vereine geweckt. Am Sonntag in Hannover beobachtete den Stürmer ein Gesandter der PSV Eindhoven. Sollte sich Downs dem niederländischen Traditionsklub anschließen, würde Köln erneut viel Erstligapotenzial verlieren.