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„In vorindustrielle Zeit zurückbomben“Brandanschläge auf Bahn-Hauptstrecke in NRW – Reul vermutet Linksextreme

Lesezeit 4 Minuten
In einem Kabelschacht auf einer wichtigen Nord-Süd-Strecke der Deutschen Bahn in Düsseldorf brannte es. /

In einem Kabelschacht auf einer wichtigen Nord-Süd-Strecke der Deutschen Bahn in Düsseldorf brannte es. /

Auf die wichtige Nord-Süd-Strecke der Bahn zwischen Düsseldorf und Duisburg sind zwei Brandanschläge verübt worden. 

Auf die wichtige Nord-Süd-Strecke der Deutschen Bahn ist in Düsseldorf ein weiterer Brandanschlag verübt worden. Der Brandsatz habe die gleiche Machart wie der am Donnerstag entdeckte, und es sei erneut Schaden entstanden, teilte die Polizei der Deutschen Presse-Agentur mit.

Zuvor hatte die Deutsche Bahn mitgeteilt, dass die Reparaturarbeiten an der Strecke länger dauern werden.

Die Deutsche Bahn rechne mit einer Reparatur bis Mitternacht. Danach seien Probefahrten nötig. Zum Betriebsbeginn am frühen Samstagmorgen könnten die Züge zwischen Duisburg und Düsseldorf voraussichtlich wieder planmäßig verkehren, sagte ein Bahnsprecher der Deutschen Presse-Agentur.

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Polizei sichert Spuren

Am Mittag beendete die Polizei die Spurensicherung an der zweiten Anschlagsstelle. Danach konnten die Reparaturarbeiten beginnen.

01.08.2025, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Die abgebrannte Zündvorrichtung und dazugehörige dünne Kabel liegen auf einem Kabelpaket der Deutschen Bahn in einem Kabeltunnel. (zu dpa: «Innenminister vermutet Linksextremisten hinter Brandsätzen») Foto: Christoph Reichwein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die abgebrannte Zündvorrichtung und dazugehörige dünne Kabel liegen auf einem Kabelpaket der Deutschen Bahn in einem Kabeltunnel.

Die Polizei geht von Sabotage aus. Der Staatsschutz ermittelt. Auf der linken Plattform „Indymedia“ war ein Bekennerschreiben veröffentlicht worden. Ein „Kommando Angry Birds“ reklamiert darin die Taten für sich. Die Echtheit werde weiterhin geprüft, sagte ein Polizeisprecher. Das mutmaßliche Bekennerschreiben ist von einer industriefeindlichen Ideologie geprägt.

Innenminister vermutet Linksextremisten hinter Brandsätzen

Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) vermutet, dass der Anschlag von Linksextremisten begangen wurde. „So, wie unsere Behörden diesen Sabotageakt gerade lesen und verstehen, waren das Linksextremisten, die versuchen, uns in eine vorindustrielle Zeit zurück zu bomben“, sagte Reul.

Die Gruppe „Kommando Angry Birds“, die sich dazu bekannt habe, „kennen unsere Behörden als linksextremistische Mitmach-Kampagne. Die hat in den letzten Jahren im Raum Düsseldorf schon mehrfach sabotiert.“

01.08.2025, Düsseldorf: Oliver Krischer (Bündnis 90/Grüne, M), Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, besucht den zweiten Tatort an der Bahnstrecke Duisburg-Düsseldorf. An der wichtigen Nord-Süd-Strecke der Bahn war am Morgen ein weiterer Brandsatz gezündet worden. Foto: Christoph Reichwein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Oliver Krischer (Bündnis 90/Grüne, M), Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, besucht den zweiten Tatort an der Bahnstrecke Duisburg-Düsseldorf.

So gingen Anschläge auf Telekommunikationsmasten in dem Ort Langenfeld/Erkrath und ein Tunnelbrand an der A46 auf das Konto der Gruppe. Die Ermittlungen würden mit hohem Aufwand geführt, seien aber nicht ganz einfach, weil es sich nicht um eine fest gefügte Gruppe handele.

Der Anschlag zeige, „wie verletzlich unsere kritische Infrastruktur ist“, sagte Reul. Umso wichtiger sei es, die Täter zu finden.

Ermittler werten Deponieren von Brandsätzen als eine Tat

Der zweite Brandschaden sei bei einer Begehung der Strecke am Freitag rund zwei Kilometer entfernt entdeckt worden. „Wir gehen davon aus, dass beide Anschläge gleichzeitig verübt wurden“, sagte ein Polizeisprecher.

Es lägen keine Erkenntnisse über weitere Taten in den letzten Wochen vor. In dem Bekennerschreiben heißt es, man habe mehrere Anschläge im Großraum Düsseldorf begangen.

Schutz vor solchen Anschlägen kaum möglich

Ähnliche Brandanschläge auf Kabeltunnel und andere Bahninfrastrukturen hatte es in den vergangenen Jahren mehrfach gegeben. Der Schutz gegen solche Anschläge gilt unter Sicherheitsexperten als schwer bis unmöglich.

Ein effektiver Schutz der Kabel an deutschen Bahntrassen sei „zu kostenintensiv und praktisch kaum umsetzbar“, sagte der Potsdamer Sicherheitsforscher Christian Dörr kürzlich im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das bundesweite Schienennetz sei insgesamt 33.000 Kilometer lang.

01.08.2025, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn repariert ein dickes Kabel an der Stelle, wo der zweite Brandanschlag festgestellt wurde. An der wichtigen Nord-Süd-Strecke der Deutschen Bahn ist in Düsseldorf ein weiterer Brandsatz gezündet worden. Der Brandsatz habe die gleiche Machart wie der am Donnerstag entdeckte, es sei ebenfalls Schaden entstanden. Foto: Christoph Reichwein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn repariert ein dickes Kabel an der Stelle, wo der zweite Brandanschlag festgestellt wurde.

Die Kabeltunnel verlaufen in der Regel weitgehend ungeschützt entlang der Bahntrassen. Wären sie zum Schutz gegen Sabotage tief im Erdboden vergraben, wären sie zwar etwas schwerer angreifbar, Reparaturen wären jedoch auch deutlich aufwendiger.

Die Auswirkungen solcher Anschläge beschrieb Dörr so: „Zumindest an dem jeweiligen Streckenabschnitt, fallen dann Signaltechnik, Weichensteuerung und Zugerfassung aus und der Bahnverkehr muss unterbrochen werden.“

Die Auswirkungen könnten sogar noch deutlich größer sein: „Wenn Angreifer sich etwas auskennen und die richtigen Knotenpunkte an mehreren Orten sabotieren, kann das zu einem großflächigen Ausfall des Zugverkehrs führen. Dann würde die Redundanz der Leitungen ausgehebelt.“

Welche Ausweichmöglichkeiten gibt es?

Die Bahn hatte einen Bus-Pendelverkehr eingerichtet und leitet den Fernverkehr über Dortmund und Wuppertal um. Zudem hatte man Bauarbeiten an einer parallel verlaufenden Güterstrecke in Duisburg-Wedau kurzfristig unterbrochen, um über diese Strecke einen Teil des Verkehrs abwickeln zu können. An den Hauptbahnhöfen in Duisburg und Düsseldorf strandeten dennoch viele Reisende. Es kam zu zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen.

Die Kabel gehören zu einem Stellwerk in Duisburg, die Brände brachen aber auf Düsseldorfer Stadtgebiet aus, sagte ein Bahnsprecher.

Zahlreiche Linien betroffen

Die beschädigten Kabel sorgten für Störungen im Nah- und Fernverkehr. Betroffen seien die ICE-Linien nach Berlin und Frankfurt am Main ebenso wie die Verbindungen in Richtung Norddeutschland, Süddeutschland und in die Niederlande, teilte die Bahn mit.

Im Nahverkehr sind die S-Bahn-Linie S1 sowie mehrere Regionallinien betroffen, wie das Portal zuginfo.nrw meldet. Der gesamte Bereich um Duisburg-Großenbaum im Süden der Ruhrgebietsstadt sei nicht befahrbar.

Die Regionalzüge RE1, RE5, RE6 und RE19 werden deshalb umgeleitet. Die S1 sowie der RE2, RE3 und RE11 beginnen und enden vorzeitig, die Halte zwischen Düsseldorf und Duisburg entfallen. Das betrifft auch die Anreise zum Düsseldorfer Flughafen, der zwischen den beiden Hauptbahnhöfen liegt. (RND/dpa)