Seit Mitte Juli findet im Landgericht Köln der Prozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung statt. Nun ist von „massiven Widersprüchen“ die Rede.
Landgericht KölnMutmaßliche Vergewaltigung in LVR-Klinik – Verteidiger fordert Glaubwürdigkeitsgutachten

Im Kölner Landgericht wird der Prozess verhandelt.
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Im Prozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung in der LVR-Klinik Merheim, der seit Mitte Juli vor dem Kölner Landgericht stattfindet, hat der Verteidiger einer der beiden Angeklagten am Freitag beantragt, ein Glaubwürdigkeitsgutachten erstellen zu lassen. Denn die Aussage der Hauptbelastungszeugin, die psychisch erkrankt sei und Medikamente nehme, weise „massive Widersprüche“ auf. Deren Vernehmung war am Vortag fortgesetzt worden. „Ihre Angaben können nicht Grundlage einer Verurteilung sein“, befand der Anwalt, der den 1983 geborenen Angeschuldigten verteidigt.
Mutmaßliche Vergewaltigung geschah im Oktober 2024
Zu denen, die eine aussagepsychologische Begutachtung für überflüssig halten, gehört die Vertreterin der Nebenklage. Bisher vernommene Zeugen hätten keine psychische „Auffälligkeit“ bei ihrer Mandantin bemerkt, sodass es keinen Anlass gebe, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln, sagte sie. Zudem stehe nicht Aussage gegen Aussage, sondern es gebe zahlreiche weitere Beweismittel. Über den Antrag hat die 25. Große Strafkammer noch nicht entschieden.
Der Anklage zufolge geschah die Tat am Vormittag des 19. Oktober 2024 in einem Aufenthaltsraum einer Station der geschlossenen Abteilung der LVR-Klinik. Dort sollen die beiden Männer mit der Mitpatientin, die ihnen bis dahin unbekannt war, zunächst getanzt haben, bis sie sich auf einen Sessel gesetzt habe. Der ältere Angeklagte habe sie von hinten festgehalten, während der jüngere sie vergewaltigt habe.
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Einer der beiden Angeklagten ist HIV-positiv
Als ein Mitpatient an der Tür erschienen sei, habe der Ältere sie von innen geschlossen. Weil er die Vergewaltigung zum Teil mit seinem Handy gefilmt haben soll, wirft ihm die Staatsanwaltschaft zusätzlich die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der Frau vor.
Darüber hinaus beschuldigt sie den anderen Angeklagten der versuchten gefährlichen Körperverletzung, weil er zum Tatzeitpunkt gewusst habe, dass er HIV-positiv war. Das Landeskriminalamt entdeckte bei DNA-Untersuchungen Spermaspuren von beiden Männern auf dem Patientenkittel der Frau. Ein Geständnis haben sie nicht abgelegt.
Opfer sagte: „Ich fühlte mich wie ein Stein“
Eine Ärztin, die am fraglichen Tag Vertretung auf der Station gemacht hatte, konnte sich am Freitag im Zeugenstand an so wenig erinnern, dass sie gebeten wurde, sich gründlicher schlau zu machen und am Freitag, 5. September, wiederzukommen. Mehr war von einer Polizistin zu erfahren, die wie auch andere Beamte damals in der LVR-Klinik im Einsatz war. Die aus Asien stammende Patientin, die gebrochen Englisch gesprochen habe, sei eingeschüchtert und verängstigt gewesen, berichtet die Polizistin. Die Frau habe leise gesprochen, ihr Gesicht zeitweilig mit den Händen bedeckt und geweint. Man habe sie zur gynäkologischen Untersuchung gebracht.
Als die Patientin erfahren habe, dass einer der Tatverdächtigen HIV-positiv war, sei ihre Stimmung „gekippt“. Sie sei so aufgebracht gewesen, dass sie habe fixiert werden müssen, um sie zur Station zurückzubringen. Auch einen der Angeklagten bekam die Beamtin zu Gesicht, den jüngeren. Der habe „sehr gewollt, dass die Wahrheit herauskommt“, und beteuert, es sei „nichts passiert“. Und es sei ihm ein „großes Anliegen“ gewesen, auf der Station bleiben zu können. Eine andere Polizistin, die ebenfalls vor Ort gewesen war, zitierte ihn im Zeugenstand mit den Worten, er würde „so etwas nie tun“. Die verängstigte Frau habe bei ihrer Vernehmung „He fucked me“ geäußert und gesagt: „I felt like a stone“ – „Ich fühlte mich wie ein Stein.“
Der Prozess wird am 25. August fortgesetzt.