Die Gaststätte Watteler hat eine neue Pächterin: Monika Bärhausen hat die Gastronomie am Marktplatz Rheinland im Freilichtmuseum übernommen.
TraditionsgaststätteIm Freilichtmuseum Kommern werden Toast Hawaii und Wackelpudding serviert

Die Chefin in der Küche ist Monika Bärhausen. Deftige Gerichte stehen auf der Speisekarte.
Copyright: Ulla Jürgensonn
Schon ein paar Meter vor der Gaststätte Watteler gibt es keinen Zweifel: Da wird gekocht. Und das – wenn die Nase nicht trügt – ausgesprochen lecker. Monika (Möhn) Bärhausen klärt auf, was da schmort und schmurgelt und den Appetit weckt. Dicke Rippe, dicke Bohnen, dazu Kartoffeln. Das klingt nach einer deftigen Mahlzeit.
Die 58-Jährige ist die neue Pächterin des historischen Gasthauses im Kommerner LVR-Freilichtmuseum. Gerade bereitet sie ein gemeinsames Mittagessen für die Museumsmitarbeiter vor. Die meisten kennen sie, wie auch viele andere Gäste: Monika Bärhausen ist seit 23 oder 24 Jahren auf dem historischen Jahrmarkt vertreten – so ganz genau weiß sie es nicht mehr. Mit ihren Essensständen ist sie ansonsten vor allem im Bonner Raum bei Veranstaltungen anzutreffen.
Lektüre aus dem Kommerner Museumsshop half bei Entscheidung
„Ich hatte schon seit vielen Jahren den Wunsch nach einem zusätzlichen festen Standbein“, sagt Bärhausen. Da traf es sich, dass sie durch Zufall erfuhr, dass für die Traditionsgaststätte ein neuer Pächter gesucht wurde. Bis zur Corona-Pandemie sei die Gastronomie dort gut gelaufen, berichtet Museumsmitarbeiter Daniel Manner. Im vergangenen Jahr sei dann ein neuer Pächter eingestiegen, doch das habe nicht funktioniert.
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Monika Bärhausen ging das Projekt auf ungewöhnliche Weise an: Sie kaufte im Museumsshop das Buch über den Marktplatz Rheinland und las das Kapitel über die Gaststätte Watteler. Nach der Lektüre wusste sie: Das passt. „Ich kann mich damit voll identifizieren. Ich mag das Museum und ich mag auch die Besucher.“ Ihre Pläne habe sie dann der Museumsleitung vorgestellt, die offenbar auch fand, dass es passt.

Nur gucken, nicht anfassen: Die Theke ist, wie der gesamte vordere Bereich der Gaststätte, nicht zum Benutzen.
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Draußen bereitet Joanna Bärhausen stattdessen alles für den Ausschank der Getränke vor.
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Möhn Bärhausen stammt aus der traditionsreichen Schaustellerfamilie Schöneseiffen: „Ich bin die sechste Generation, die nachgewiesen ist.“ Die Eltern hatten ein Karussell und eine Losbude. Und weil die kleine Monika im März geboren wurde, lag sie schon wenige Tage später in einem Karton in der Losbude und schlief – schließlich hatte die Kirmessaison begonnen, die Eltern mussten arbeiten.
Bärhausen schwärmt vom Leben als Schaustellerkind, selbst wenn es Schattenseiten habe. Auch ihre Kinder seien immer dabeigewesen, auf Stadtfesten, auf Weihnachtsmärkten und auch im Freilichtmuseum: „Das prägt. Man wird offen, kontaktfreudig und sehr sozial.“
In der Gaststätte Watteler ist das Preis-Leistungs-Verhältnis wichtig
Die Tradition des echten Familienunternehmens hält sie hoch. Ihr Ehemann – „der Mann für alle Fälle“ – arbeitet mit, Töchter und Sohn unterstützen sie ebenso wie die Töchter ihrer Nichte. Dazu kommen vier Aushilfen im Service. Die erste Zeit hat das Team hinter sich gebracht. „Für unsere Gäste sieht manches noch ein bisschen chaotisch aus. Aber jeder hier weiß ganz genau, was zu tun ist“, sagt die Chefin. Sie könne die Preise in der Gaststätte, die sie äußerst knapp kalkuliere, nur halten, wenn sie mit wenig Personal arbeite.
Ich bewirte und belustige gern Menschen.
Es sei ihr wichtig, dass die Menschen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis empfänden. Denn, so erklärt sie, die Leute hätten ja bereits Eintritt ins Museum bezahlt und rechneten am Schluss die Kosten des Tages zusammen. Das sollte auch für Familien erschwinglich bleiben. Und lieber ein etwas langsamerer Service als schlechtere Qualität: „Zu Essen gibt es bei mir nur Top-Ware, dafür bin ich bekannt“, sagt die Geschäftsfrau selbstbewusst. Currywurst mit Pommes kostet bei ihr beispielsweise 8,90 Euro, Gulasch mit Brötchen 6,90, gebratene Maultaschen 7,90 Euro.
Steigende Kosten hätten dazu geführt, dass sie weniger Veranstaltungen beschicke: „Ich kann die Besucher verstehen, die sich über die Preise beschweren.“ Aber den wenigsten sei bewusst, wie aufwendig das Geschäft sei. Immer mehr Steuern, steigende Löhne, allein die Beiträge zur Betriebshaftpflichtversicherung seien in den vergangenen Jahren um 250 Prozent gestiegen.
Im Sommer ist in Kommern vor allem der Biergarten sehr beliebt
Trotz allem liebe sie ihren Beruf: „Ich bewirte und belustige gern Menschen.“ Das macht sie sowohl in ihren Buden auf den Märkten als auch im Gasthaus Watteler. Den beiden Facetten des Gewerbes ist noch etwas gemeinsam: „Die Stunden darf man nicht rechnen, weder als Schausteller noch als Wirtin.“ Der Gastraum ist geteilt, der vordere Bereich mit der voll ausgestatteten Theke ist nicht zum Benutzen, sondern nur zum Anschauen – ein Museumsstück eben, mit Tapete und Ausstattung aus den 70er-Jahren. Der Raum dahinter hat zwar durchaus ebenfalls musealen Charakter, wird aber normal bewirtschaftet.
Im Sommer ist natürlich vor allem der Biergarten beliebt. Die Speisekarte ist überschaubar, passend zum Ambiente erweckt sie – je nach Alter – Neugier oder Kindheitserinnerungen. Wie wäre es mit einem Toast Hawaii und zum Nachtisch einem grünen Wackelpudding?
Während ihre Mutter den dicken Bohnen die richtige Würze verpasst, bereitet Joanna Bärhausen den Getränkeausschank vor. Sie repräsentiert die siebte Generation der Schaustellerfamilie. Der Vertreter der achten Generation schläft friedlich – im Kinderwagen und nicht wie einst seine Großmutter im Karton.
Geöffnet ist die Gaststätte Watteler bis Anfang Oktober freitags, samstags, sonntags und an Feiertagen von 11 bis 17.30 Uhr, die Küche bis 17 Uhr.
Theke, Tische, Geschirr und sogar die Bierdeckel sind noch original
Der Marktplatz Rheinland ist anders als die anderen Baugruppen im Freilichtmuseum des Landschaftsverbands Rheinland (LVR). Nämlich nicht geografisch eingeordnet wie die Baugruppen Westerwald, Niederrhein, Bergisches Land oder Eifel, sondern zeitlich: Abgebildet wird die Zeit von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis zu den Anfängen des 21. Jahrhunderts.
„Wir wollen die Urbanisierung des ländlichen Raums zeigen“, sagt Daniel Manner, wissenschaftlicher Referent im Museum. Die Dörfer veränderten in den Jahrzehnten seit 1945 ihr Gesicht deutlich. So zeigt der Marktplatz Rheinland das Fertighaus ebenso wie das Fachwerkhaus.

Die Gaststätte Watteler ist aus Eschweiler über Feld nach Kommern transloziert worden. Auch die Einrichtung ist im Originalzustand erhalten.
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Die Tische im Gastraum sind liebevoll dekoriert.
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Die Gaststätte Watteler war ein echter Glücksfall, für die Historiker ebenso wie für die Museumsbesucher. Denn nicht nur das Gebäude ist aus Eschweiler über Feld nach Kommern umgezogen – transloziert worden, wie Fachleute sagen. Auch die Einrichtung ist noch original erhalten – von der Theke, Tischen und Stühlen über Besteck und Geschirr bis hin zu den Bierdeckeln und den Knobelbechern. Auch die Metzgerei, die zur Gaststätte gehörte, ist erhalten.
Für die Fassade haben die Erbauer der Gaststätte gebrauchte Ziegel wiederverwendet. Der Flur ist mit bunten, pastellfarbenen Fliesen verkleidet, die typisch für die 50er-Jahre sind. Die Einrichtung des Schankraums stammt aus den 60er- und 70er-Jahren .
Seit 2013 können die Besucher des Freilichtmuseums die historische Gaststätte anschauen. Sie hat in den vergangenen Jahren immer wieder neue Nachbarn bekommen, zuletzt die Milchbar, die aus Brühl nach Kommern versetzt worden ist. Der Walporzheimer Bahnhof ist zwar ebenfalls schon transloziert, muss aber zunächst noch wärmebehandelt werden. Bis Mitte des kommenden Jahres sollen der Innenausbau fertig und die Ausstellungsstücke installiert sein.