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WorkshopGlühender Butterstahl in Bickenbach

Lesezeit 3 Minuten
Corinna Hollinder und Marcel Jarosik an der Schmiedeesse beim Schmiedeworkshop im Museumsschauplatz Oelchenshammer,

Corinna Hollinder und Marcel Jarosik gehörten zu den Teilnehmenden eines Schmiedelehrgangs am Oelchenshammber in Engelskirchen-Bickenbach.

Mit Schutzkleidung und Sicherheitsbelehrung: Museumsschmied Paul Siggi bot im Oelchenshammer einen Schmiedeworkshop an.

„Doch weiß ich unter allen Künsten keine, die größerer Abenteuer und Ungewissheiten voll und deshalb adliger wäre als jene, die das Feuer beruft“, stimmt Museumsschmied Paul Siggi zu Beginn des Schmiedeworkshops am Oelchenshammer, der Außenstelle des LVR-Industriemuseums Ermen & Engels, die Teilnehmenden mit einem Zitat des französischen Philosophen Paul Valéry ein. Nach ausführlicher Sicherheitsbelehrung, bei der Siggi auf die Gefahren bei der ungewohnten Arbeit aufmerksam macht, gehts gleich zur Sache.

Vor dem ersten Hammerschlag muss jedoch Schutzkleidung angelegt werden. Inzwischen haben die Schmiede aus dem Team Oelchi, das Siggi beim Workshop unterstützt, die Essen angefeuert. Mitgebracht hat der Museumsschmied Flach- und Vierkantmaterial aus Butterstahl. Er erklärt, dass dieser besonders kohlenstoffarm sei und sich deshalb leichter formen lasse.

Morgen suche ich mir Arbeiten aus, wofür ich mein rechtes Handgelenk nicht brauche.
Corinna Hollinder ahnt die Folgen des Workshops

Die erste Herausforderung besteht darin, eine Spitze zu schmieden. Das ist nicht leicht, da der Hammer diagonal angesetzt werden muss, um das Eisen nicht einfach plattzuhauen, sondern es während der Verformung auch gleichzeitig zu stauchen. „Schmieden fehlte mir noch in meinem Repertoire“, erzählt Corinna Hollinder aus Neunkirchen-Seelscheid. Handwerklich sei sie ja einigermaßen begabt. Fliesen und Tapezieren seien kein Problem, auch mit Schweißen habe sie sich schon beschäftigt. Das Schmieden mache ebenfalls viel Spaß, sei aber sehr ungewohnt mit dem schweren Hammer. Die Frau lacht und sagt: „Morgen suche ich mir Arbeiten aus, wofür ich mein rechtes Handgelenk nicht brauche.“ Etwas neidisch schaut sie auf den Schmied: „Bei den Oberarmen braucht der nicht mal einen Hammer.“

Historische Hintergründe

Marcel Jarosik aus Neuss ist inzwischen bei der nächsten Aufgabe, einem Blatt, angekommen. Gerade modelliert er den Stiel und die Fläche. Anschließend zeichnet Jarosik die Blattadern mit einem Meißel. Der Handwerker aus der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik interessiert sich schon lange für diese Handwerkskunst: „Bei einem Besuch in der Schmiede von Paul Siggi in Grevenbroich ist mein Interesse entflammt.“ Den Workshop hat er als Geschenk bekommen.

Zwischendurch unternimmt Siggi einen Ausflug in die Geschichte und berichtet, dass Stahl erstmals Ende des 18. Jahrhunderts im Puddel-Verfahren in größeren Mengen gewonnen werden konnte. Mitte des 19. Jahrhunderts habe jedoch die Bessemer-Birne die Herstellung zu einem Bruchteil der Kosten ermöglicht und so den Durchbruch gebracht. Mittlerweile gebe es Hunderte Legierungen für alle möglichen Anwendungsfälle.

Museumsschmied Paul Siggi an der Schmiede-Esse.

Geleitet wurde der Kurs von Museumsschmied Paul Siggi.

„Mir ist wichtig, dass die Teilnehmer abends sagen: Der Tag hat sich gelohnt“, betont Hans Georg Selent-Knips aus dem Oelchi-Team. Es sei notwendig, ständig aufzupassen, dass sich keiner verletzt und die Werkzeuge richtig benutzt werden. Er und Sven Preckel , Industrieschmied aus Marienheide, haben mehrere Workshops im Industriemuseum besucht, bis sich beide entschlossen, dem Team beizutreten. Preckel scherzt: „Meiner Frau habe ich gesagt: Du hast nun mehr Zeit, denn ich habe ein neues Hobby.“

Ebenfalls im Team ist Amelie Knauf aus Bielstein. Sie schmiedet einen Haarkäfig für ihre Haare: „Den bearbeite ich mit einer Messingbürste. Dann wird er schön goldig und rostet nicht.“ Nach der Mittagspause werden noch Anker geschmiedet. Der Engelskirchener Ralph Heindrichs ist begeistert: „Das historische Ambiente hier ist klasse und es macht Spaß, Eisen wie Kuchenteig zu formen und seine Kreativität auszuleben.“ Es sei ein geradezu sinnliches Erlebnis, den glühenden Stahl zu bearbeiten: „Am Ende hält man etwas in der Hand, das man selbst geschaffen hat.“