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TraditionKreishandwerkerschaft Bergisches Land äußert sich zu Kritik über das Losschlagen

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Ein Zimmermann hämmert am Dachstuhl eines im Bau befindlichen Einfamilienhauses, während im Hintergrund graue Regenwolken am Himmel zu sehen sind.

Dachdeckergesellen werden per Schulterschlag losgesprochen.

Als nicht mehr zeitgemäß sieht das bundesweite „Azubihilfe-Netzwerk“ die Tradition des Losschlagens. Die Kreishandwerkerschaft sieht das anders.

Das sogenannte „Losschlagen“ oder auch „Freischlagen“ hat im Handwerk eine lange Tradition, auch in Oberberg. Dieses findet im Rahmen der Lossprechungsfeiern der Auszubildenden statt – als Zeichen für den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung und den Start ins Berufsleben. Die Gesellinnen und Gesellen werden dabei symbolisch von den Pflichten ihrer Lehrzeit losgeschlagen.

Als nicht mehr zeitgemäß sieht das bundesweite „Azubihilfe-Netzwerk“ diese Tradition. Das 2022 von Azubis und ausgelernten Handwerkern gegründete Netzwerk setzt sich nach eigener Aussage für Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und gegen Diskriminierung im Handwerk ein.

„Azubi-Netzwerk“ nimmt Bezug auf eine Umfrage im Steinmetz-Handwerk

In einer Mitteilung zur Freischlagung im Steinmetz-Handwerk heißt es: „Vor einigen Wochen hat der Landesinnungsverband das Einverständnis zum ‚traditionellen Freischlag‘ von denjenigen Azubis abgefragt, die zur Freisprechungsfeier zugesagt hatten. Auch in dieser Umfrage wurde an keiner Stelle darüber aufgeklärt, dass der ‚traditionelle Freischlag‘ auf das Gesäß durchgeführt wird.“ Da sich in der Umfrage eine knappe Mehrheit gegen den Freischlag in traditioneller Form ausgesprochen habe, finde er in diesem Jahr nicht statt. Auch nächstes Jahr soll es eine Abfrage geben.

Man befürchte, dass sich viele Azubis bei dieser Tradition unwohl fühlen, lautet die Begründung dafür, dass sich das Netzwerk für die dauerhafte Abschaffung in NRW und bundesweit einsetzt. Wie repräsentativ die Befragung der Steinmetz-Azubis jedoch für das gesamte Handwerk in der Region und in Deutschland ist, bleibt offen.

Wie bewertet die Kreishandwerkerschaft Bergisches Land diesen Vorstoß? Ist in der Region ein Unwohlsein der Azubis bei dieser Tradition spürbar? „Wir als Kreishandwerkerschaft Bergisches Land oder die Innungen zwingen keinen der Azubis dazu, sich losschlagen zu lassen. Wir haben aber den Eindruck, dass die Azubis sehr wohl stolz auf bestimmte Traditionen sind, und das Losschlagen ist ja eben eine Tradition, weil der Azubi von seinen Verpflichtungen losgeschlagen und in den Gesellenstand erhoben wird“, sagt Isabelle Schiffer, Pressesprecherin der Kreishandwerkerschaft.

Das Losschlagen, bei dem die Azubis nicht wirklich, sondern nur symbolisch und häufig ohne Körperkontakt freigeschlagen werden, sei immer wieder ein großer Spaß für alle Beteiligten, berichtet Schiffer. Im Sanitär- und Heizungstechnikbereich wird beispielsweise ein Kehrblech vor das Gesäß gehalten und mit einem Hammer auf das Blech geschlagen. Den Malergesellen wird mit einem riesigen Rosshaarpinsel sanft über die Schulter gestrichen. Und auch der Schlag auf die Schulter der Dachdecker fällt sachte aus. Oftmals würden auch Angehörige dieses Ritual bei den Feiern gerne übernehmen, so Schiffer.

Sie betont aber auch: „Wenn wir den Eindruck hätten, dass die Azubis das nicht möchten oder sich dabei unwohl fühlen, wäre die Innung/der Vorstand immer dazu bereit, sich über Alternativen Gedanken zu machen“.