Die Kohledörfer Kuckum, Keyenberg, Berverath, Ober- und Unterwestrich sollen nach dem Willen der Bürger in ihren Grundstrukturen erhalten bleiben.
Stephan Muckel, Bürgermeister von Erkelenz:„Wir müssen die fünf Dörfer schnell wiederbeleben“

Die Kirche von Keyenberg ist 500 Meter vom Tagebau Garzweiler entfernt. Die Gemeinde Erkelenz will Keyenberg und die anderen vier geretteten Dörfer Ober- und Unter-Westrich, Kuckum und Berverath schnell wiederbeleben.
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Herr Muckel, was wird aus den fünf geretteten Dörfern im Tagebau Garzweiler, die zu Erkelenz gehören?
Wir haben im vergangenen Jahr die Meinungen der Erkelenzer Bürger eingeholt, ebenso von Umsiedlern wie auch Menschen, die in den alten Dörfern geblieben sind. Das Ergebnis war eindeutig. Die Mehrheit sagt, wir haben fünf starke Dörfer mit unterschiedlichen Qualitäten. Die wollen wir stärken.
Wie geht es konkret weiter?
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Daraus müssen schnell kommunale Entwicklungskonzepte entstehen. Seit Anfang Januar sprechen wir mit dem Land, wie wir die Planung konkretisieren und an Fördergeld kommen können. Parallel dazu starten wir ein Interessensbekundungsverfahren für ehemalige Eigentümer, klassische Umsiedler und deren Kinder.

Stephan Muckel (CDU), Bürgermeister von Erkelenz
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Wie muss man sich das vorstellen?
Wie Erkelenz das im Fall Morschenich auch macht. Wir werden die Betroffenen noch im Frühjahr einladen und hoffentlich klären, wer Interesse an einer Rückkehr hat. Das Land hat verschiedene Bedingungen formuliert, darunter auch, dass die Gebäude selbst genutzt und nicht zu Spekulationsobjekten werden. Das ist auch im Interesse der Kommune. Wir wollen Menschen, die eine emotionale Bindung zu den Dörfern haben, die Rückkehr möglichst schnell ermöglichen, damit die Dörfer schnellstmöglich wiederbelebt werden. Es gibt nur zwei Bedingungen: Die Häuser müssen sanierungsfähig sein und sie dürfen einer öffentlichen Infrastruktur nicht im Wege stehen.
Die Gemeinde Merzenich will Rücksiedlern nur noch Erbpachtmodelle anbieten und die Grundstücke in ihrem Eigentum behalten.
Wir gehen davon aus, dass die Rücksiedler auch wieder Eigentümer werden wollen. Mieter oder Erbpachtmodelle sind für sie nicht attraktiv. Das muss man berücksichtigen.
Wird die Gemeinde wie Erkelenz im Fall Morschenich alle Flächen zurückkaufen?
Nein. Wir können nicht alles kaufen. Das ist hier eine andere Größenordnung. Wir werden einen Bedarf für öffentlich gefördertes Wohnen ermitteln und müssen klären, was wir an öffentlicher Infrastruktur, an Feuerwehrgerätehäusern, an Kindergärten, Schulgebäuden, Straßen, Wegen, Plätzen, Dorfgemeinschaftshäuser und Mehrzweckhallen zurückkaufen wollen.
Wie viele Menschen könnten theoretisch zurückkehren?
Insgesamt wohnten in den fünf Dörfern 1500 Menschen. 90 Prozent der Anwesen sind an RWE übertragen worden. Wir haben die Chance genutzt und in den leeren Häusern 200 bis 300 Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht. Die würden wir gern langfristig integrieren und deshalb vielleicht als Gemeinde Liegenschaften kaufen, für die es keine Rückkauf-Interessenten gibt. Das ist immer noch besser, als Flüchtlinge in Containern unterbringen zu müssen.
Zur Person
Stephan Muckel (CDU) ist seit 2020 Bürgermeister der Stadt Erkelenz. Er studierte Wirtschaftsgeografie, Geografie und Volkswirtschaftslehre an der RWTH Aachen und war zuletzt seit Oktober 2016 Beigeordneter für Wirtschaftsförderung und Gemeindeentwicklung in der Erkelenzer Nachbargemeinde Titz. Muckel ist verheiratet und hat eine Tochter.