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Nach StarkregenViele Häuser in der Ressourcenschutzsiedlung in Kaster sind unbewohnbar

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Zu sehen ist eine Frau, die in einem Zelt Kaffee an zwei Männer ausgibt.

Stefanie Johannsen (l.) betreibt das spontan organisierte Versorgungszelt in der Ressourcenschutzsiedlung, in der sich ihre Nachbarn und Helfer stärken können. Viele Geschäfte aus Kaster und Bedburg stellen Lebensmittel.

Die Stadt versucht, Wohnraum zu vermitteln. In Oppendorf und Kaster sollen schnell Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Straßenzüge greifen.

Das weiße Zelt eingangs der Ressourcenschutzsiedlung ist zum großen Treffpunkt geworden. Kinder spielen auf der Straße vor dem Zelt, drinnen stärken sich Männer und Frauen mit belegten Brötchen und Kaffee. Und manches Mal wird auch geweint. Die Aufräumarbeiten in dem Kasterer Neubaugebiet nach dem schweren Unwetter laufen auf Hochtouren.

Stefanie Johannsen, deren Haus von der Überschwemmung in der Nacht auf Dienstag (9. September) verschont geblieben ist, hat die Nachbarschaftshilfe organisiert. „Das Zelt haben wir von der Stadt bekommen, Tische und Bänke vom Getränkemarkt Trinkgut, Lebensmittel bekommen wir vom Rewe-Markt, von den Bäckereien Boveleth und Schneider Brötchen – die Hilfe ist überwältigend“, sagt die 41-Jährige.

Bedburg: Zelt ist Anlaufpunkt für die Flutopfer in Kaster geworden

Noch bis mindestens Mittwoch sei die Versorgung in dem Zelt gewährleistet. Mindestens 100 Menschen können hier laut Stadtverwaltung verköstigt werden. „Viele Menschen haben ja gar keine Küche mehr“, sagt Johannsen. „Die sind darauf angewiesen, dass sie sich hier frisch machen können.“ Und auch einen Anlaufpunkt für Gespräche haben. „Viele sind verzweifelt, weil sie ja auch gerade erste eingezogen sind und nun Existenzängste haben.“

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Derweil räumen Anwohner weiter ihre Häuser aus und befüllen die von der Stadt bereitgestellten Container mit Sperrmüll. „Wir können fast alles wegwerfen“, sagt ein Familienvater. Nachdem bereits im vorigen Jahr Wasser in seinem Garten gestanden hatte, hat er eine Elementarversicherung abgeschlossen.

Zu sehen sind Container voller Sperrmüll in einer Naubausiedlung, Menschen stehen auf der Straße.

In der Ressourcenschutzsiedlung gehen die Aufräumarbeiten nach dem Unwetter weiter. Viele Menschen haben ihr Hab und Gut verloren.

Sein Glück. Er rechnet nun mit einem Schaden in sechsstelliger Höhe. Mit seiner Frau und den drei Kindern ist er vorübergehend bei Verwandten untergekommen. „Das Haus ist unbewohnbar“, der Estrich muss raus und erneuert werden, sagt er. „Wir suchen eine Wohnung.“

Da ist er nicht der einzige. Nach Angaben der Bedburger Stadtverwaltung wurden nach den dramatischen Nachtstunden, als die Feuerwehr in Oppendorf und Kaster ganze Straßenzüge evakuierte, bereits vier Wohnungen an Flutopfer vermittelt, weitere sieben Gesuche stehen auf einer Warteliste. „Wir werden vermutlich die neue Flüchtlingsunterkunft an der Adolf-Silverberg-Straße für die Menschen freigeben“, kündigt Bürgermeister Sascha Solbach an. Menschen, die nicht ausreichend versichert seien, werde der Kontakt zu Hilfsfonds vermittelt. Für drei Familien laufen zudem Spendenaktionen.

In einer Auffahrt vor einer Garage steht verschlammter Sperrmüll.

In der Ressourcenschutzsiedlung gehen die Aufräumarbeiten nach dem Unwetter weiter. Viele Menschen haben ihr Hab und Gut verloren.

Es steht zu befürchten, dass die Zahl der Menschen, die Ausweichwohnraum benötigen, noch wachsen wird. Laut Solbach ist der größte Teil der 135 Häuser in der Ressourcenschutzsiedlung vom Wasser in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Schaden dürfte damit allein hier in zweistelliger Millionenhöhe liegen.

Christian Heggen ist einer der Betroffenen, denen noch ein vorübergehender Auszug droht. „Wir rechnen damit, dass der Gutachter sagt, dass wir aus dem Haus rausmüssen“, sagt Heggen. Er fürchtet, dass Versicherungen den Menschen in der Siedlung, die unverschuldet in diese Notlage geraten seien, nun kündigen könnten – nach der Windhose im vorigen Jahr und dem schweren Hagel vor ein paar Monaten. „Wir haben uns ja hier nicht an einen Fluss gesetzt, sondern darauf vertraut, dass der Hochwasserschutz ausreicht.“

Laut Solbach ist das Regenauffangbecken ausgangs der Ressourcenschutzsiedlung für ein 100-jähriges Hochwasser ausgelegt. „Aber die Menge war einfach zu viel“, sagt Solbach. Während sonst bei Starkregen rund 30 Liter in 24 Stunden fallen würden, sei am Dienstag 160 Liter Regen in sechs Stunden gefallen.

Es werde bereits an kurzfristigen Maßnahmen gearbeitet, um vor allem die stark betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Pütz, Oppendorf und Kaster zu schützen.„ In Oppendorf etwa wollen wir eine Mauer entlang des Ackers ziehen, von dem viel Schlamm abgegangen ist“, sagt Solbach. Allerdings müsse geprüft werden, wohin das Wasser dann abfließen könne. An der Ressourcenschutzsiedlung in Kaster müsste vermutlich ein Stück Wald geopfert werden, um ein weiteres Becken anzulegen.


Um die vom Unwetter betroffenen Menschen zu unterstützen, hat die Kreissparkasse Köln das Sonderkreditprogramm „Schnelle Hilfe“ mit einem Volumen von zunächst zehn Millionen Euro aufgelegt. Der Kredit ist zinsfrei bei möglichen Beträgen zwischen 5.000 und 100.000 Euro sowie Laufzeiten von bis zu 120 Monaten. Den Kredit biete man allen Flutopfern an, „ganz gleich, ob bereits Kunde unserer Sparkasse oder nicht“, sagt Alexander Wüerst, Vorstandsvorsitzender der KSK.

In der Ressourcenschutzsiedlung in Kaster und in Oppendorf findet wegen des Unwetters am Samstag, 13. September, ab 8 Uhr eine zusätzliche Sperrgutabfuhr statt. Die Fahrzeuge der Firma Drekopf fahren jeweils eine Runde durch die Quartiere, allerdings nicht in die Stichstraßen. Die Anwohnerinnen und Anwohner werden gebeten, alle zu entsorgenden Gegenstände rechtzeitig bis zum Abholtermin gut sichtbar und wenn möglich gesammelt vor ihren Häusern bereitzustellen.

Um den Kindern in der Ressourcenschutzsiedlung Ablenkung zu bieten, hat Bürgermeister Sascha Solbach ihnen für Sonntag ab 14 Uhr eine „Auszeit“ organisiert. Für vier Stunden wird ein Kleinkunstmobil in der Siedlung Station machen und den Kindern Unterhaltung und Spiele anbieten.