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FC-Pokaltorwart Zieler vor dem Bayern-Spiel„Für mich schließt sich beim FC ein Kreis“

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Im Sommer ist Ron-Robert Zieler zum zweiten Mal zum 1. FC Köln zurückgekehrt.

Im Sommer ist Ron-Robert Zieler zum zweiten Mal zum 1. FC Köln zurückgekehrt. 

Gebürtiger Kölner, Weltmeister – und nun zweiter Torhüter beim FC: Ron-Robert Zieler (36) erfüllt eine neue Rolle bei seinem Jugendklub, doch im Pokal darf er ran. Am Mittwoch begrüßt der 1. FC Köln Bayern München in Müngersdorf. 

Herr Zieler, Sie sind nun zum dritten Mal beim 1. FC Köln. Wie fühlt sich das an?

Ron-Robert Zieler: Als komme man nach Hause. Alles ist vertraut. Ich bin mit offenen Armen empfangen worden, viele Gesichter kenne ich noch – Spieler, Stab, Mitarbeiter. Das war sehr herzlich, und die Jungs haben es mir wirklich leicht gemacht, direkt wieder Fuß zu fassen.

Wie hat sich der Verein verändert, seit Sie in der Saison 2020/21 das letzte Mal hier waren?

Der FC hat sich definitiv auf vielen Ebenen weiterentwickelt. Wenn man allein sieht, was sich in Sachen Infrastruktur alles getan hat – das riesige, topmoderne Gym etwa – da merkt man, dass der Verein in den letzten Jahren einen großen Schritt gemacht hat. Toll finde ich auch, dass der Kontakt zwischen Profis und Jugendspielern hier am Geißbockheim heute viel enger ist. Als junger Spieler hätte ich mir das damals gewünscht.

Der FC wirkt heute wuchtiger, größer – empfinden Sie das auch so?

Absolut. Der FC ist ein großer Klub, der in die Bundesliga gehört. Heute spüre ich diese Wucht noch stärker als früher. Während der Corona-Zeit war das anders: Da waren die Stadien leer, es herrschte überhaupt keine Atmosphäre. Jetzt genieße ich die Heimspiele umso mehr. Die Leidenschaft, die Identifikation der Fans – das ist typisch Köln. Das Potenzial hier ist enorm. Stadion, Fans, Stadt – alles ist groß. Aber wichtig ist, Schritt für Schritt zu gehen. Wir haben eine gute Basis gelegt. Jetzt geht es darum, uns kontinuierlich zu entwickeln. Köln hat alles, um sich langfristig zu etablieren.

Trainer Lukas Kwasniok hat Sie im Trainingslager besonders gelobt. Was können Sie beim FC einbringen?

Über so ein Feedback freue ich mich natürlich. Ich versuche einfach, mit meiner Erfahrung zu helfen. Klar, jeder Sportler will spielen, das ist normal. Aber ich kenne meine Rolle, nehme sie zu 100 Prozent an, unterstütze die Mannschaft und auch Marvin Schwäbe, so gut ich kann. Marvin macht einen guten Job. Wir haben ein sehr harmonisches Torwartteam, das ist wichtig.

Sie waren in Hannover jahrelang Stammkeeper, haben mehr als 500 Pflichtspiele bestritten. Jetzt sind Sie beim FC die Nummer zwei. Fällt das nicht schwer?

Ron-Robert Zieler gewann im Jahr 2014 im Finale von Rio mit dem deutschen Team die Weltmeisterschaft.

Ron-Robert Zieler gewann im Jahr 2014 im Finale von Rio mit dem deutschen Team die Weltmeisterschaft.

Natürlich ist das eine Umstellung. Aber ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich bin ehrgeizig, keine Frage – trotzdem nehme ich die Situation an, wie sie ist. Ich habe mich bewusst entschieden, zum FC zurückzukehren. Hier schließt sich für mich ein Kreis.

Sie sind Vizekapitän hinter Marvin Schwäbe. Eine ungewöhnliche Konstellation: Torwart und Ersatztorwart als Kapitänsduo. Hat Sie das überrascht?

Ja, ehrlich gesagt schon. Das ist ein Zeichen der Wertschätzung. Am Ende darf man das Amt aber auch nicht zu hoch hängen – wir haben viele Spieler, die Verantwortung übernehmen. Das ist keine One-Man-Show. Wir haben eine sehr homogene, charakterstarke Truppe.

Suchen junge Spieler den Austausch mit Ihnen?

Ja. Ich versuche, mit allen im Gespräch zu sein. Manche fragen nach Erfahrungen, die ich gemacht habe – Premier League, Nationalmannschaft, Weltmeisterschaft. Davon erzähle ich natürlich gern. Es ist schön, diese Dinge weitergeben zu können. Am Ende zählt aber Leistung – auf dem Platz und im Training.

Was hat sich im Vergleich zu früher in der Mentalität der Mannschaft verändert?

In der Corona-Saison hat uns die Unterstützung der Fans extrem gefehlt. Wir hatten keine schlechte Mannschaft, aber es war eine schwierige Saison, in der wir uns erst unter Friedhelm Funkel in der Relegation retten konnten. Heute denken wir nicht mehr nur daran, etwas zu verhindern, sondern wir wollen etwas erreichen. Die Mannschaft ist leistungsbereit, will sich verbessern und nach vorn kommen.

Sportdirektor Thomas Kessler bekommt viel Lob für die Kaderzusammenstellung. Teilen Sie das?

Auf jeden Fall. Thomas hat einen super Job gemacht, die Mannschaft gut zusammengestellt und frischen Wind reingebracht. Man merkt, dass er den Verein kennt und ihn lebt. Das spürt man in jedem Gespräch.

Sie wirkten auch in Hannover privat angekommen. Warum jetzt die Rückkehr?

Ron-Robert Zieler nach seinem Wechsel vom 1. FC Köln zu Manchester United im Jahr 2005

Ron-Robert Zieler nach seinem Wechsel vom 1. FC Köln zu Manchester United im Jahr 2005

Mein erster Gedanke war: Ich will Hannover nicht verlassen. Mein zweiter nach einigen Entwicklungen bei 96 war: Warum eigentlich nicht – und wenn, dann für den FC. Es war Thomas‘ Idee, und er hat es geschafft, mich für die Rückkehr zu begeistern. Ich bin von einem Herzensverein zum nächsten gegangen – das passt einfach.

Ihr Vertrag läuft zwei Jahre mit Option. Sie werden im Februar 37. Wie lange wollen Sie spielen?

Solange ich Spaß habe und mich fit fühle – beides ist der Fall. Ich bin dankbar, dass ich weitgehend verletzungsfrei geblieben bin. Für Torhüter ist es ja nicht unüblich, etwas länger zu spielen. Manuel Neuer wird bald 40 und bringt immer noch Top-Leistungen. Was er in seiner Karriere erreicht hat, sucht ohnehin seinesgleichen. Aber klar, irgendwann ist halt Schluss – das ist mir bewusst.

Und nach der Karriere – zieht es Sie ins Management oder auf den Trainingsplatz?

Darüber habe ich mir natürlich Gedanken gemacht. Für mich ist die Richtung ziemlich klar – ich sehe mich perspektivisch eher im Management-Bereich. Wir haben darüber mit dem Verein auch schon gesprochen. Mir war wichtig, dass es eine Perspektive über die aktive Karriere hinaus gibt.

Ihre Familie ist wieder in Köln – wie fühlt sich das an?

Sehr schön. Meine Frau hatte nie ein Problem mit der Rückkehr nach Köln, im Gegenteil. Meine Kinder sind zwar in Hannover geboren, aber jetzt lernen sie die Stadt kennen, in der ihr Papa groß geworden ist. Das ist etwas Besonderes.

Am Mittwoch trifft Ihre Mannschaft im Pokal auf Rekordmeister FC Bayern. Sie stehen absprachegemäß im Tor. Was erwarten Sie von dem Spiel?

Es ist ein Highlight-Spiel – Flutlicht, Heimspiel, Pokal, ein Topgegner. Dafür spielt man Fußball. Wir wissen, wie stark die Bayern sind, aber wir wollen alles reinwerfen. Solche Spiele sind das Salz in der Suppe.

Ein Name, über den derzeit alle sprechen, ist Said El Mala. Wie sehen Sie ihn?

Er ist ein riesiges Talent – keine Frage. Aber wir sollten ihm Zeit geben. Etwas über 300 Bundesliga-Minuten sind noch nicht so viel. Er macht das sehr gut, ist klar im Kopf, demütig. Wenn er so weitermacht, wird er seinen Weg gehen. Aber er braucht Ruhe und Geduld.

Ohne El Mala mit Cristiano Ronaldo vergleichen zu wollen: Sie waren als junger Keeper bei Manchester United, haben damals mit Ronaldo trainiert. Sah man damals sofort, was das für ein Spieler werden könnte?

Ja, absolut. Cristiano Ronaldo war schon damals unglaublich fokussiert – auf und neben dem Platz. Er hat große Fähigkeiten, aber neben seiner Klasse war er schon in jungen Jahren total professionell und unglaublich ehrgeizig. Ich habe selten jemanden erlebt, der so hingebungsvoll gearbeitet hat. Das war beeindruckend. Wenn man zwei Spieler unserer Zeit allerdings mit niemandem vergleichen sollte, dann sind das Lionel Messi – und eben Cristiano Ronaldo.