Der 1. FC Köln wehrt sich klasse gegen den FC Bayern um seinen Weltstar – und steht doch mit leeren Händen da. Doch die Leistung macht Hoffnung.
Kaine war Kölns SchicksalDarum gewinnt der FC aus einer 1:4-Niederlage Zuversicht

Pure Klasse. Hier trifft Bayerns Superstar Harry Kane (r.) zum 2:1. Kölns Eric Martel (am Boden) und Torhüter Ron-Robert Zieler haben das Nachsehen.
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Gekämpft. Geführt. Gelitten. Gefeiert. Gelobt. Der 1. FC Köln ging am Mittwochabend im Zweitrunden-Duell des DFB-Pokals (1:4) durch ein Wechselbad der Gefühle. Der Bundesliga-Aufsteiger überzeugte, insbesondere durch sein mutiges, freches Auftreten in der ersten Halbzeit. Aber er traf auf einen Rekordmeister, dessen Weltstart Harry Kane derzeit einfach nicht zu stoppen ist.
Es war kein wohlfeiles Lob, das Bayern-Trainer Vincent Kompany nach dem Abpfiff an den Außenseiter aus Köln verteilte. Der Belgier meinte es ernst und honorierte die Leistung der Hausherren. „Ich weiß, wie schwer es ist, als Aufsteiger solche Leistungen zu bringen“, sagte der Coach, der 2022 bis 2024 beim Premier-League-Aufsteiger und darauffolgenden Absteiger FC Burnley tätig war. „Die Kölner haben uns gefordert, mutig gespielt und nie aufgehört zu glauben. Das Wichtigste ist, dass sie an sich glauben – und das tun sie. An einem anderen Tag können sie auch mal ein zweites Tor schießen. Diese Mannschaft entwickelt sich, das sieht man. Die Basis ist schon sehr solide.“
1. FC Köln: Auch Bayern-Trainer Kompany zollt Kwasnioks Team Lob
Am Ende stand der FC nach großem Kampf zwar mit leeren Händen da. Doch wer im Rhein-Energie-Stadion war und dem FC die Daumen gedrückt hatte, der dürfte trotz des Ausscheidens zufrieden nach Hause gegangen sein. Denn der Abend hatte lange Zeit dem Aufsteiger gehört. Länger, als von vielen gedacht. Es war eine Partie, die zeigte, dass die Kölner unter Trainer Lukas Kwasniok einen gehörigen Schritt nach vorne gemacht haben, dass die Mannschaft kämpft, lebt, sich wehrt – und der FC eine Stadt elektrisieren kann wie kaum ein anderer Verein. Ob nun vor dem Anpfiff, als die Südkurve eine sagenhafte Choreografie präsentierte. Oder als die Fans dem schwerverletzten Verteidiger Timo Hübers mit Gesängen und Transparenten beistanden. Und natürlich vor und unmittelbar nach dem Kölner Führungstreffer durch Stürmer Ragnar Ache (31.), als die Arena zum Tollhaus wurde.
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„Das war Gänsehaut pur. Du spürst, dass hier etwas zusammenwächst. So eine Stimmung musst du erst mal erzeugen – das war Bundesliga pur, eher sogar Champions-League-Atmosphäre“, sagte Torhüter Ron-Robert Zieler, der im Pokal absprachegemäß anstelle von Kapitän Marvin Schwäbe zwischen den Pfosten stand und als dessen Stellvertreter auch die Binde übernahm.
In diesem Hexenkessel hatte der FC von Anpfiff an mutig aufgespielt, attackierte früh und stellte die Bayern in der Anfangsphase vor echte Probleme. Kwasnioks Plan ging auf. Nach dem verdienten Führungstor schien kurzzeitig vieles, vielleicht sogar alles möglich. „In den fünf Minuten nach dem 1:0 habe ich mir ernsthaft Sorgen gemacht, dass das Stadion auseinanderfällt“, schilderte Kwasniok. „Die Energie war unglaublich. Wir haben es 30 Minuten geschafft, Bayern richtig zu stressen. Dann wird es schwer, aber diese Phasen geben uns Selbstvertrauen.“ Torschütze Ache berichtete von einem „geilen Gefühl. Ich hatte schon viele Spiele mit guten Aktionen, aber ohne Tor. Jetzt endlich zu treffen, dazu gegen Bayern – das vergisst du nie.“
Doch die Euphorie hielt aus Kölner Sicht leider nicht lange. Die Bayern glichen durch ein Tor aus, das gar nicht hätte zählen dürfen. Luis Díaz stand beim Abpraller von Zieler klar im Abseits, doch der Pfiff blieb in Abwesenheit des VAR aus. „Das war bitter“, sagte Kwasniok. „Aber wir haben uns nicht hängen lassen.“ Bundesliga-Primus aus München, der nun 14 Pflichtspiele in Folge gewonnen hat, übernahm fortan das Kommando. Angeführt vom einzigartigen Kane. Nur zwei Minuten nach dem Ausgleich ließ der Engländer seinen Gegenspieler Eric Martel, dem im Zweikampf für gewöhnlich keiner so schnell etwas vormacht, wie einen Novizen aussehen, nahm Maß und schlenzte den Ball aus 18 Metern unhaltbar ins Eck. Ein Tor, das die pure Klasse zeigte.
„Das macht er überragend“, sagte Ache anerkennend. „Da siehst du einfach, dass das ein anderer Level ist.“ Kane hatte den Treffer sogar mit seinem vermeintlich schwachen linken Fuß erzielt. Davon war sogar der bescheidene 32-Jährige selbst angetan: „Eines meiner Lieblingstore. Ein Mix aus gutem Abschluss, Technik, Instinkt“, sagte der Angreifer bei „Espn“. Bayern-Sportvorstand Max Eberl gab nach dem Spiel zu, dass er kurz gezweifelt hatte. War allerdings nicht wirklich ernst gemeint. „Ich hatte schon die Schlagzeile im Kopf: „Harry Kane in der Krise„“, sagte er schmunzelnd. „Aber er hat das ziemlich schnell revidiert.“ Denn mit seinen Saisontreffern 21 und 22 sorgte Kane letztlich für klare Verhältnisse.
1:4 klingt hart, aber wir sind nicht die Ersten, die von Bayern den Hintern versohlt bekommen. Entscheidend ist, wie du dich präsentierst – das war stark.
Auch Kwasniok sparte nicht mit Respekt für die Gäste um ihren überragenden Torjäger: „Sie hätten uns früher oder später, so ehrlich muss man sein, erdrückt. Sie atmen den Gegner einfach weg. Und Kane ist das Sinnbild dafür – eiskalt, effektiv, unaufgeregt.“ Doch am Ende sah das Ergebnis deutlicher aus, als das Spiel tatsächlich war. „Ich bin stolz auf meine Mannschaft“, sagte Kwasniok, „1:4 klingt hart, aber wir sind nicht die Ersten, die von den Bayern den Hintern versohlt bekommen. Entscheidend ist, wie du dich präsentierst – und das war stark.“
In der Tat gab es einiges, was dem FC Zuversicht geben sollte. „Wir haben gezeigt, dass wir mit Mut spielen können, dass wir hoch anlaufen können – auch gegen ein Top-Team. Das ist wichtig für die Entwicklung. Wir müssen lernen, wann wir Risiko gehen und wann nicht, aber die Richtung stimmt. Wir werden nach diesen Spielen keinen Knacks bekommen“, sagte Kwasniok, dessen Mannschaft nun gegen zwei Gegner gefordert ist, die längst nicht die Klasse der Bayern und erst recht keinen Harry Kane im Team haben: Am Sonntag (15.30 Uhr) empfangen die Kölner Mit-Aufsteiger Hamburger SV, in der Woche darauf steht das so prestigeträchtige Derby bei Erzrivale Borussia Mönchengladbach an. Und dann würden die Kölner statt Lob dann lieber die Punkte nehmen.


